
Laut einer US-amerikanischen Studie geben 49 Prozent aller Erwachsenen an, dass es ihnen unangenehm ist, sich wieder an persönliche Interaktionen zu gewöhnen - selbst wenn die Pandemie wieder vorüber sein sollte.
- Das Cave-Syndrom geht auf die Isolation in Folge der Corona-Pandemie zurück
- Betroffene haben Angst, wieder ins soziale Leben zurückzukehren
- Das Phänomen verschwindet meist wieder von alleine
Was ist das Cave-Syndrom?
Das Cave-Syndrom, auch Höhlensyndrom genannt, beschreibt, dass Menschen lieber in ihrer schützenden Höhle, also ihrem zu Hause bleiben, als rauszugehen.
Bei dem Cave-Syndrom handelt es sich um einen nicht medizinischen Ausdruck, der von dem Psychiater Dr. Arthur Bergman geprägt wurde. Dabei ist das Cave-Syndrom jedoch nicht keine Krankheit, sondern ein Syndrom, ausgelöst durch die Maßnahmen der Corona-Pandemie.
Durch die Maßnahmen der Corona-Pandemie wurde die Vermeidung soziale Kontakte und der Rückzug in die heimische Höhle bei starker Reduzierung von Treffen mit anderen Menschen zum sozialen Dauerzustand. Dieser Ausnahmezustand verselbständigte sich und dabei haben viele Menschen eine dauerhafte Angst vor dem Kontakt mit anderen Menschen entwickelt.
Symptome und Folgen vom Cave-Syndrom
Das Cave-Syndrom kann sich wie folgt äußern:
Angst davor, das Haus zu verlassen
Angst vor sozialen Interaktionen
Zuhause bleiben wird zur Gewohnheit
Soziale Kontakte und Freundschaften gehen zurück / nehmen ab
Es wird vermutet, dass dieses Phänomen bei den meisten Menschen von alleine wieder verschwindet. Jedoch gibt es auch Betroffene, die dauerhafte Schwierigkeiten erleben, aus der Isolation wieder rauszukommen. Besonders bei Personen, die bereits vorher zurückgezogen waren und bei denen die Pandemie den Rückzug verstärkt hat, kann es zu einer Depression oder sozialen Angststörung geführt haben, die nicht von allein zurückgeht.
Ursachen für das Cave-Syndrom
Das Cave-Syndrom scheint auf die Isolation während der Corona-Pandemie zurückzugehen. Monatelang wurde gepredigt, dass man Maske tragen, Abstand halten und soziale Kontakte weitgehend vermeiden soll. Das Syndrom resultiert aus einer antrainierten Angst gegen das Virus. Der Mensch hat gelernt, dass Kontakte mit anderen potenziell gefährlich sind, weil man sich dabei anstecken könnten.
Es ist daher nicht normal, dass man diese antrainierte Angst sofort wieder ablegen kann. Während manche es kaum erwarten können, das Verpasste nachzuholen, haben manche Gefallen an den Lebensstil gefunden. Der Gang in die Öffentlichkeit bedeutet für die Betroffenen mit Ihren Unsicherheiten umgehen zu müssen. Es kann sich jedoch bei manchen auch eine krankhafte Angst vor Kontakten herausgebildet haben.
Cave-Syndrom: Diagnose
Da es sich bei dem Cave-Syndrom nicht um eine psychische Krankheit handelt, gestaltet es sich schwierig, genaue Aussagen zur Diagnose zu treffen. Dass so viele Menschen darunter leiden, ist ein Zeichen dafür, dass es sich weniger um eine Krankheit handelt als um Anpassungsschwierigkeiten.
Behandlung eines Cave-Syndroms
Betroffene müssen sich mit dem Gefühl nicht als kranker Mensch fühlen oder in Panik verfallen. PsychologInnen nehmen an, dass bei den meisten Menschen diese Phase wieder von allein nach ein paar Monaten vorübergeht. Wenn Betroffene jedoch über einen längeren Zeitraum subjektiv sehr leiden, kann man sich immer ärztliche, psychologische oder psychiatrische Hilfe holen. Meist trifft dies bei Personen zu, die bereits vorher eher zurückgezogenen gelebt haben. Da sich eine starke Isolation auch auf die Psyche, in Form von Angststörungen und Depressionen, auswirken kann, sollte man nicht davor scheuen, sich professionelle Hilfe zu holen.

Psychologin Christine SchmeckPersonen, die bereits vor der COVID-19 Pandemie psychisch erkrankt waren oder grundsätzlich ängstlicher sind, können sich die neu erlernten Ängste schneller manifestieren. Diesen Menschen fällt es wahrscheinlich auch längerfristig schwer, alleine Ihre Höhle zu verlassen. Hier ist psychotherapeutische Hilfe gefragt, mit der sich das Zulassen körperlicher Nähe und die damit oft einhergehende Alltagskompetenz trainieren lässt.
Vorbeugung und Tipps für die Behandlung des Cave-Syndroms
Das sagt die Psychologin Christine Schmeck:
Sind Ängste erstmal richtig antrainiert. können wir diese nicht aufgrund neuer Fakten oder durch Einsicht ablegen. Das ist ein ganz normales menschliches Phänomen. Was hilft, ist durch neue Erfahrungen zu erleben, dass die Ängste nicht mehr begründet sind. So können erlernte Ängste wieder verlernt werden. Das passiert bei den meisten Menschen ganz automatisch, sobald die Gefahr abnimmt, bei stärker betroffenen Personen durch die bewusste Auseinandersetzung mit den Ängsten.
In der kognitiven Verhaltenstherapie gibt es für die Bekämpfung von Ängsten die Methode der Konfrontationstherapie, bei der man sich allmählich dem aussetzt, wovor man Angst hat, in diesem Fall vor sozialer Interaktion, und sich dann an anspruchsvollere soziale Erfahrungen herantastet. Dafür bietet es sich an, als ersten Schritt zum Beispiel einen Spaziergang mit einem Freund oder einer Freundin zu machen und sich dann langsam vorzutasten. Dabei sollte man sich auf jeden Fall nicht hetzen, sondern die Zeit nehmen, die man braucht, denn diese Methode erfordert die Bereitschaft der betroffenen Person und bei stark ausgeprägten Ängsten psychologische Unterstützung.
Außerdem können Betroffene auch daran denken, dass die meisten Menschen ihre sozialen Fähigkeiten wie Smalltalk im letzten Jahr nicht mehr so oft anwenden mussten, es ist also in Ordnung, wenn man aus der Übung ist.
Deswegen sollte man auch nicht zögern, nach Hilfe und Unterstützung zu fragen, wenn man diese unangenehmen Gefühle nicht alleine überwinden kann. Ein Gespräch mit Freunden oder Familienmitgliedern ist oft der erste Schritt, man kann sich jedoch auch professionelle Hilfe bei Psychologen suchen. Es ist ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche die eigenen Probleme zu erkennen und sich Hilfe zu suchen.

Quellen
American Psychological Association: Stress in America™ One Year Later, A New Wave of Pandemic Health Concerns. 2020. Apa.org. https://www.apa.org/news/press/releases/stress/2020/report-october (zugegriffen am 13.10.2021)
American Psychological Association. Stress in America: One year later, a new wave of pandemic health concerns. 2021. Apa.org. https://www.apa.org/news/press/releases/stress/2021/ sia-pandemic-report.pdf (zugegriffen am 13.10.2021)
National Alliance on Mental Illness: COVID-19 Resource and Information Guide. NAMI. https://www.nami.org/Support-Education/NAMI-HelpLine/COVID-19-Information-and-Resources/COVID-19-Resource-and-Information-Guide#q4https://www.nami.org/Support-Education/NAMI-HelpLine/COVID-19-Information-and-Resources/COVID-19-Resource-and-Information-Guide (zugegriffen am 13.10.2021)
Nebe T: „Cave-Syndrom“: Das Post-COVID-Sozialleben. ÄrzteZeitung. 2021. https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Cave-Syndrom-Das-Post-COVID-Sozialleben-421282.html (zugegriffen am 13.10.2021)
Ruoff K: Wenn die Normalität Angst macht. Tagesschau. 2021. https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/corona-cave-syndrom-101.html (zugegriffen am 13.10.2021)