Guten Tag, Frau Dr. Götz. Zuallererst möchten wir Sie herzlich als Partnerärztin bei Fernarzt willkommen heißen! Sie sind Fachärztin für Gynäkologie und wurden im Jahr 2020 für die telemedizinische Beratung von etwa 10.000 rumänischen Frauen mit dem German Medical Award in der Kategorie Charity ausgezeichnet. Sie bringen also mehrjährige, praktische Erfahrung in der Telemedizin mit.
Welche Beratungsangebote sind für die Sprechstunde online gut geeignet und am meisten gefragt?
"Telemedizin setzt dort an, wo PatientInnen Redebedarf haben. Seien es Unsicherheit, Ängste oder einfach der Wunsch nach einer zweiten Meinung."
Dr. Laura Götz: Ich denke, dass viele Frauen und Paare sich rund um das Thema Kinderwunsch beraten lassen möchten. Kinderwunschzentren und spezielle Reproduktionskliniken haben oft lange Wartelisten. In der Zwischenzeit kann ein Gespräch mit einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen Paaren Perspektiven geben und Ängste nehmen.
Aber auch die Beratung von Frauen während der Schwangerschaft kann durch die Telemedizin unterstützt werden. In der Schwangerschaft kommt es oft zu Vorkommnissen, die Betroffene verunsichern können. Eine Beratung per Video kann schnell Beruhigung schaffen oder in bedenklichen Fällen Auskunft geben, was zu tun ist.
Welche Potenziale sehen Sie in der Telemedizin für die gynäkologische Versorgung?
Dr. Laura Götz: Eine Beratungsleistung, die in den Praxen oft untergeht, aber mit der Telemedizin gut abzubilden ist, ist die Betreuung nach Fehlgeburten. Viele Frauen haben Angst, nie wieder schwanger werden zu können oder haben mit Depressionen zu kämpfen. Mit Empathie und Kompetenz kann die Online-Betreuung einen enormen Beitrag leisten.
Aber auch für klassische Beratungsleistungen, wie beispielsweise die Auswahl des passenden Verhütungsmittels, ist die Telemedizin bestens geeignet. Außerdem für ganz praktische Dinge, wie das Folgerezept für die Antibabypille auszustellen. Klar, Behandlungen wie die Grunduntersuchung müssen vor Ort stattfinden. Jedoch sollten Patientinnen nicht mehr für jede Kleinigkeit in der Praxis aufschlagen müssen.
Wo sehen Sie die Telemedizin in den nächsten 5 Jahren?
Dr. Laura Götz: Junge Ärztinnen und Ärzte werden um das Thema Telemedizin nicht mehr herumkommen. Für viele PatientInnen ist ein Arztbesuch mit enormem zeitlichen Aufwand verbunden. Die Öffnungszeiten von Arztpraxen und die Arbeitszeiten von Vollzeitbeschäftigten harmonieren recht selten miteinander. Hier muss man Angebote schaffen.
Auch gibt es immer weniger Praxen auf dem Land, sodass es ohne Telemedizin wohl kaum möglich sein wird, den Bedarf an medizinischen Leistungen zu decken. Immer mehr Patientinnen und Patienten wollen telemedizinische Angebote. Rechtlich werden den Behandelnden jedoch noch einige Steine in den Weg gelegt. Hier muss die Politik nachziehen!