Eine aktive Syphilis-Infektion wird mit 30-prozentiger Wahrscheinlichkeit beim Geschlechtsverkehr weitergegeben.
Die Syphilis, auch Lues oder “harter Schanker” genannt, ist eine Geschlechtskrankheit. Syphilis wird meist durch direkte sexuelle Kontakte übertragen. Bei der Mehrzahl der Betroffenen handelt es sich um junge Männer. Infektionen mit dem Syphilis-Erreger, also dem Bakterium Treponema pallidum, sind in Deutschland meldepflichtig.
- Erste Syphilis-Symptome treten dort auf, wo der Erreger in den Körper gelangt, meist im Genital- und Analbereich.
- Ohne Behandlung breitet sich der Syphilis-Erreger im Körper aus und führt zu weiteren Symptomen.
- Hautveränderungen zählen zu den typischen Symptomen bei Syphilis.
- Kondome können eine Ansteckung mit Syphilis verhindern.
Was ist Syphilis?
Bei Syphilis handelt es sich um eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit. Der Erreger der Syphilis ist das Bakterium Treponema pallidum (T. pallidum). Am häufigsten erfolgt die Übertragung durch sexuelle Kontakte. Dabei gelangt T. pallidum über Mikroläsionen der Schleimhäute oder der Haut in den Körper.
Da es sich bei T. pallidum um ein Bakterium handelt, ist Syphilis, bei rechtzeitiger Diagnose, mit Antibiotika gut behandelbar. Das Bakterium ist für den Menschen obligat pathogen. Dies bedeutet, dass es nahezu immer zu einer Syphilis kommt, sollte der Erreger in den Körper gelangen.
Syphilis Übertragung
Syphilis wird in den allermeisten Fällen beim Geschlechtsverkehr übertragen. Dazu gehören Vaginal-, Oral- und Analverkehr. Das höchste Risiko besteht bei Männern, die Sex mit Männern haben. Weiterhin können Gegenstände wie etwa Sexspielzeug oder auch gemeinsam genutzte Spritzen die Erreger von einer infektiösen Person auf eine andere Person übertragen.
Ein hohes Übertragungsrisiko besteht bei Schwangeren: die Übertragungsrate auf das Ungeborene beträgt fast 100 Prozent. Da Frauen insgesamt seltener mit Syphilis infiziert sind und es in Deutschland entsprechende Vorsorgeuntersuchungen für Schwangere gibt, kommt es glücklicherweise nur noch sehr selten zu dieser sogenannten konnatalen Infektion.
Syphilis: Symptome und Stadien
Syphilis lässt sich in verschiedene Stadien unterteilen, die mit sehr unterschiedlichen Symptomen einhergehen. Die Inkubationszeit, also die Zeit, die zwischen der Infektion mit T. pallidum und dem Auftreten der ersten Symptome liegt, beträgt normalerweise 2 bis 3 Wochen.
Die Erkrankung wird eingeteilt in die Frühsyphilis und Spätsyphilis. Die Frühsyphilis geht bis ein Jahr nach Infektion und umfasst das Primärstadium, in dem die Symptomatik am Eindringort von T. pallidum auftritt, und das Sekundärstadium, in dem sich der Erreger im ganzen Körper ausbreitet. Ab einem Zeitraum von 12 Monaten nach Infektion spricht man von einer Spätsyphilis. Diese kann ggf. auch noch das Sekundärstadium enthalten, in jedem Fall das Tertiär- und Quartärstadium. Diese zeitliche Unterscheidung ist wichtig, da die Therapie einer Spätsyphilis langwieriger ist.
Primäre Syphilis (Primärstadium)
Die Symptome treten an der Eintrittsstelle des Erregers auf, vorwiegend im Genital- und Analbereich. Typische Syphilis-Symptome der Frau sind in diesem Stadium beispielsweise Knötchen an den Schamlippen. Frühe Syphilis-Symptome beim Mann können Knötchen an der Eichel sein. Bei Oralverkehr als Übertragungsweg sind die Symptome im Mund- oder Rachenbereich lokalisiert.
Das Primärstadium ist durch den sogenannten Primärkomplex gekennzeichnet. Dieser setzt sich zusammen aus dem Primäraffekt und einer regionalen Lymphknotenschwellung.
Zunächst bildet sich ein kleiner, harter, rötlicher Knoten. Dieser wird auch als Primäraffekt oder Ulcus durum bezeichnet.
Nach 1 bis 2 Wochen ändert der Knoten sein Aussehen. Ausdehnung und tiefe nehmen zu, der Knoten kann Münzgröße erreichen. Es handelt sich nun um ein flaches Geschwür auf gelblich belegten Grund. Die enthaltene Flüssigkeit ist hochinfektiös. Diese Geschwüre sind kaum schmerzhaft.
Anschließend breitet sich der Erreger in die umgebenden Lymphknoten aus, was oft zu einer einseitigen Schwellung der Lymphknoten in den Leisten führt. Dies wird als regionale Lymphadenopathie bezeichnet. Ab diesem Zeitpunkt ist der Erreger im Körper nachweisbar.
Der Primäraffekt heilt auch ohne Therapie nach 4 bis 6 Wochen unter Narbenbildung ab, weshalb oft eine adäquate Behandlung ausbleibt. Ohne antibiotische Therapie ist allerdings der Übergang in weitere Stadien möglich.
Sekundäre Syphilis (Sekundärstadium)
Wenn keine Therapie im Primärstadium erfolgt, kommt es meist nach Abheilung des Primäraffektes zu einer Ausbreitung des Erregers im Körper. Neben allgemeinen Krankheitszeichen und Lymphknotenschwellungen ist in dieser Phase der Syphilis ein Ausschlag typisch.
Symptome im Sekundärstadium:
Grippeartige Beschwerden wie Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Hals-, Gelenk- und Muskelschmerzen
Harte Schwellung mehrerer Lymphknoten (generalisierte Lymphadenopathie, Polyskleradenitis)
Hauterscheinungen (Syphilide): nicht juckender, schwacher rosafarbener Hautausschlag (Exanthem) am Körperstamm, später auch an Hand- und Fußinnenflächen
Nässende rotbraune Knötchen, oft in Genital- und Analregion, die Flüssigkeit ist hochinfektiös (Condylomata lata)
Grauweiße Papeln der Mundschleimhaut (Plaques opalines)
Mandelentzündung (Tonsillitis acuta)
Mottenfraß-artiger Haarausfall, bevorzugt seitlich und hinten am Kopf (Alopecia areolaris)
Okuläre Syphilis, beispielsweise in Form einer Entzündung der Gefäßhaut des Auges (Uveitis)
Die Hauterscheinungen klingen meist ohne Therapie ab, weshalb viele Betroffene keine Behandlung erhalten. Nach Abklingen der Entzündungen können hellere Hautareale zurückbleiben.
Die Lues maligna stellt eine besonders schwere Verlaufsform dar. Sie tritt bei einem geschwächten Immunsystem auf, z. B. bei einer gleichzeitigen HIV-Infektion oder medikamentöser Immunsuppression. Lues maligna zeichnet sich durch frühzeitiges und gehäuftes Auftreten von Geschwüren aus, zudem kann die betroffene Haut nekrotisieren, also absterben.
Latente Syphilis (Latenzstadium)
Eine latente Syphilis (Lues latens) liegt vor, wenn trotz nachweisbarer Infektion keine Symptome auftreten. Diese Ruhephase kann mehrere Jahre andauern.
Tertiäre Syphilis (Tertiärstadium)
Etwa ein Drittel der Betroffenen, bei denen die Erkrankung nicht behandelt wird, tritt in das Tertiärstadium ein; der Rest mündet in ein Latenzstadium oder Spontanheilung. In diesem Stadium hat sich der Erreger auf verschiedene Organsysteme ausgebreitet.
Typisch für das Tertiärstadium sind Gummen. Dabei handelt es sich um geschwürartige Gewebeveränderungen. Sie können die Haut oder jedes andere Organ befallen. Die Konsistenz wird als gummiartig beschrieben, daher leitet sich die Bezeichnung Gummen ab. Bei einer kardiovaskulären Syphilis ist auch das Herz-Kreislauf-System betroffen. Als Folge kann es beispielsweise zu einem lebensbedrohlichen Aortenaneurysma kommen.
Quartäre Syphilis (Neurosyphilis)
Dieses Stadium zeichnet sich durch den Befall des Gehirns und Nervensystems aus. Man spricht auch von Syphilis im Endstadium. Dabei lassen sich die frühen und die späten Formen unterscheiden. Die späten Formen treten meist erst Jahrzehnte nach der erfolgten Syphilis-Infektion auf. Durch gute Diagnostik- und Therapiemethoden kommt es heute nur noch in sehr selten zu dieser Form.
- Asymptomatische Neurosyphilis: nachweisbar, aber ohne Symptome
- Syphilitische Meningitis: Entzündung der Hirnhäute
- Meningovaskuläre Neurosyphilis: Entzündung der Hirnhäute und Gefäße
Progressive Paralyse: chronisch fortschreitend Entzündung des Gehirns, u. a. gezeichnet durch:
- kognitive Defizite
- Demenz
- Kritik- und Urteilsschwäche
- Sprechstörungen
- abnorme Pupillenreaktion (Robertson-Pupille)
- epileptische Anfälle
Tabes dorsalis: chronisch fortschreitende Degeneration der Hinterstränge des Rückenmarks, mögliche Symptome:
Syphilis in der Schwangerschaft
Die Übertragung von Syphilis während der Schwangerschaft auf das Ungeborene wird als konnatale Syphilis oder Lues connata bezeichnet. Prinzipiell unterscheidet sich die Symptomatik einer Syphilis in der Schwangerschaft nicht von der einer nicht-schwangeren Frau. Eine Übertragung von Syphilis auf das ungeborene Kind ist jederzeit während der Schwangerschaft und in jedem Stadium der Erkrankung möglich. Sollte die Infektion der Frau während der Schwangerschaft stattfinden, beträgt die Übertragungsrate bis zu 100 Prozent.
Ohne Therapie führt die Infektion mit T. pallidum in 40 Prozent der Fälle zu Früh-, Fehl- oder Totgeburten oder Versterben des Säuglings kurz nach der Geburt. Es werden die Lues connata präcox (Neugeborene und Säuglingsalter bis zum Ende des 2. Lebensjahres) sowie die Lues connata tarda (ab dem 3. Lebensjahr) unterschieden.
Während der frühen Schwangerschaft erfolgt eine Untersuchung auf Syphilis. Dabei wird untersucht, ob Antikörper gegen den Erreger vorliegen. Falls das Ergebnis positiv ausfällt, werden weitere Tests durchgeführt, um zu schauen, ob es sich um eine aktive oder vergangene Erkrankung handelt.
Die WHO schätzt, dass es 2016 weltweit zu 661.000 konnatalen Syphilis-Infektionen kam. Diese verursachten 355.000 Geburtsschäden, inklusive 200.000 Totgeburten.
Diagnostik von Syphilis
Eine Syphilis-Diagnose ist nicht immer einfach, da sich die vier Stadien in sehr unterschiedlichen Symptomen äußern können. Es gibt nicht den einen bestimmten Syphilis-Test, sondern es stehen verschiedene diagnostische Verfahren zur Verfügung:
Klinische Diagnostik: Beurteilung bestehender Symptome durch Angucken und Abtasten
Histopathologie: Beurteilung von Gewebeproben (ggf. angefärbt) unter einem Mikroskop
Labordiagnostik: direkter Erregernachweis durch
Dunkelfeldmikroskopische Untersuchung (DFM)
Nachweis T. pallidum-spezifischer Nukleinsäuren (mittels Polymerase-Kettenreaktion, PCR)
Serologische Tests: es gibt verschiedene Möglichkeiten zum direkten oder indirekten Nachweis der Erreger, basierend auf Antikörpertests, oft ist eine Kombination verschiedener serologischer Tests sinnvoll zum sicheren Nachweis von T. pallidum
Syphilis-Schnelltests: Antikörperdetektion in Blutproben
Syphilis Behandlung
In den allermeisten Fällen besteht die Syphilis-Therapie aus der Verabreichung des Antibiotikums Penicillin.
Bei einer Frühsyphilis ist eine einmalige Injektion von Benzathin-Benzylpenicillin in den Muskel in der Regel ausreichend.
Die Spätsyphilis wird mit 3 Injektionen von Benzathin-Benzylpenicillin in den Muskel, verteilt über einen Zeitraum von 15 Tagen, behandelt.
Besteht eine Neurosyphilis, so ist eine intravenöse Gabe von Penicillin G die bevorzugte Therapie.
Für Personen mit Penicillinallergien stehen weitere Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder werden andere Antibiotika eingesetzt oder, nach einer ausführlichen Nutzen-Risiko-Abwägung, eine Penicillin-Desensibilisierung durchgeführt.
Im Rahmen der Behandlung kann es zu einem raschen Zerfall der Erreger kommen, was eine toxische systemische Reaktion, die sogenannte Jarisch-Herxheimer-Reaktion, zur Folge haben kann. Diese Komplikation geht u. a. einher mit:
Allgemeinen Symptomen, z. B. Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen
Herz-Kreislauf-Symptomen, z. B. erhöhte Pulsfrequenz, Blutdruckanstieg oder -abfall
Neurologischen Symptomen, z. B. Krampfanfälle, neurologische Ausfälle bei Neurosyphilis
Um dieser Komplikation vorzubeugen, ist die Gabe von Prednisolon, einem immunmodulierenden Wirkstoff, ab dem Sekundärstadium empfohlen.
Für eine Verlaufskontrolle wird 3 bis 4 Wochen nach Therapiebeginn der Antikörperwert bestimmt (Referenzwert). Nach 3, 6 und 12 Monaten werden weitere serologische Kontrollen durchgeführt und mit dem Referenzwert verglichen.
Syphilis vorbeugen
Der beste Schutz vor einer Syphilis-Infektion in eine Expositionsprophylaxe, also die Vermeidung, dem Erreger ausgesetzt zu sein. Dafür ist, vor allem bei wechselnden IntimpartnerInnen, die Verwendung von Kondomen wichtig. Diese schützen zudem vor einer HIV-Infektion und verringern das Risiko für andere sexuell übertragbaren Krankheiten wie z. B. Tripper und Chlamydien deutlich.
Bei korrekter Anwendung beim Vaginal-, Oral- und Analverkehr können Kondome das Übertragungsrisiko von Geschlechtskrankheiten wie Syphilis deutlich reduzieren.
Bei primärer Syphilis sollten alle SexualpartnerInnen der letzten 3 Monaten beraten, untersucht und ggf. behandelt werden. Bei sekundärer Syphilis sind es die SexualpartnerInnen der letzten 12 Monate. Eine Syphilis-Impfung gibt es bisher nicht.
Syphilis in Deutschland
Laut Infektionsschutzgesetzt besteht seit 2001 für Syphilis eine Meldepflicht. Somit kann der Verlauf der Fallzahlen und Inzidenzen nachvollzogen werden. Von 2009 bis 2019 hat sich die Inzidenz in Deutschland verdoppelt, von 2001 zu 2022 sogar verfünffacht.
Die höchste Inzidenz, nämlich 44 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, gab es 2022 bei der Bevölkerungsgruppe der 30 bis 34-jährigen Männer. Die meisten dieser Ansteckungen sind auf sexuelle Beziehungen zwischen Männern zurückzuführen.
Deutlich ist auch, dass die Inzidenzen in den Ballungsräumen um ein Vielfaches höher sind. So werden in Berlin jährlich über 41 Neuinfektionen pro 100.00 EinwohnerInnen gemeldet, in Brandenburg hingegen lediglich ein Zehntel dessen.
Häufige Fragen zu Syphilis
Syphilis zählt zu den sexuell übertragbaren Krankheiten. Die Infektionskrankheit wird durch das Bakterium Treponema pallidum verursacht. Eine Übertragung erfolgt meist beim Geschlechtsverkehr.
Die Symptome einer Syphilis hängen stark vom Stadium der Erkrankung ab. Optisch auffällig sind Hauterscheinungen wie Ausschlag, Knötchen und Geschwüre. Diese treten zu Beginn der Infektion an den Stellen auf, an denen der Erreger in den Körper gelangte, meist also im Genital- oder Analbereich.
Der Syphilis-Erreger Treponema pallidum wird in den allermeisten Fällen beim Geschlechtsverkehr übertragen. Das kann sowohl beim vaginalen Verkehr als auch oral oder anal geschehen. Weitere Übertragungswege für Syphilis sind gemeinsam genutzte Spritzen, Sexspielzeug oder während der Schwangerschaft von der werdenden Mutter auf das Ungeborene.
Wird die Syphilis rechtzeitig erkannt und therapiert, so ist sie in der Regel mit Antibiotika gut behandelbar. Ohne adäquate Therapie kann es zu schweren Verläufen kommen, die mitunter sogar tödlich enden können.
Syphilis ist weltweit, nach Malaria, die zweithäufigste vermeidbare Ursache für Totgeburten.
Quellen
Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG): S2k-Leitlinie “Diagnostik und Therapie der Syphilis”. Langfassung. AWMF-Register Nr. 059-002. 2021.
Fritsch P (Hrsg.): Venerologie. In: Dermatologie und Venerologie für das Studium. Berlin, Heidelberg: Springer 2009; 550–601.
Petzoldt D: Syphilis. In: Braun-Falco O, et al. (Hrsg.): Dermatologie und Venerologie. Berlin, Heidelberg: Springer 2005; 227–45.
Syphilis - RKI-Ratgeber. Robert Koch-Institut (RKI). 2020. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Syphilis.html (zugegriffen 23. Mai 2023)
Syphilis. AMBOSS. 2023. https://www.amboss.com/de/wissen/Syphilis (zugegriffen 23. Mai 2023)
WHO publishes new estimates on congenital syphilis. 2019. https://www.who.int/news/item/26-02-2019-who-publishes-new-estimates-on-congenital-syphilis (zugegriffen 1. Juni 2023)