Unfälle am Arbeitsplatz
Nicht nur im Straßenverkehr geschehen eine Menge Unfälle. Auf dem Bau verletzt, im Büro verhoben oder auf dem Weg zur Arbeit ausgerutscht: Es passiert ständig, aber immerhin ist die Zahl der gemeldeten Arbeitsunfälle in Deutschland heute deutlich niedriger als noch vor zehn Jahren. Wurden zwischen 2013 und 2017 jährlich durchschnittlich rund 794.000 Unfälle im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften gemeldet, waren es zwischen 2003 und 2007 im Schnitt noch fast 840.000 pro Jahr.
Warum niemand Montage mag
786.803 meldepflichtige Arbeitsunfälle zählte die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) im Jahr 2018. Und etwas fiel auf: Sie waren nicht komplett gleichmäßig auf die Wochentage verteilt. An Montagen kommt es häufiger zu Arbeitsunfällen als an allen anderen Arbeitstagen der Woche, während es zum Wochenende hin weniger wird. Auffällig: Das Wochenende selbst ist ebenfalls nicht unfallfrei. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, in deren Daten sich der Trend zum Montagsunfall ebenfalls widerspiegelt, sieht die sogenannte "Montagsmüdigkeit" als Ursache - vor allem in den Morgenstunden und am Vormittag komme es zu Beginn der Woche zu Unfällen.
Die Arbeitsdauer hat einen wesentlichen Einfluss auf das Verletzungsrisiko.
Hilfe im Haus - Betriebliche Ersthelfer
Um mit Notfällen korrekt umzugehen, ist jedes Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, für eine gewisse Zahl an Ersthelfer*innen in der Belegschaft zu sorgen. Rechtsgrundlage dafür ist die „Vorschrift 1“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV).
Wer sie ignoriert, dem droht ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro. Und: Kommt jemand zu Schaden, weil etwa bei einem Unfall kein(e) Ersthelfer*in anwesend war, müssen Unternehmer sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, beispielsweise einer Anklage wegen Körperverletzung.
Wie viele Ersthelfer werden benötigt?
Die genaue Anzahl der Ersthelfer richtet sich dabei nach der Betriebsgröße und dem Unfallrisiko am Arbeitsplatz. Die DGUV verpflichtet alle Unternehmen, die mindestens zwei Angestellte beschäftigen, einen Ersthelfer im Betrieb bereitzustellen. Sie kümmern sich um die Erstversorgung betroffener Personen und geben alle relevanten Informationen an den Rettungsdienst weiter.
Anders als beim Führerschein, müssen sie ihr Erste-Hilfe-Wissen alle zwei Jahre auffrischen. Allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied zum Betriebssanitäter, die eine berufliche Ausbildung im medizinischen Bereich absolviert haben.
Kneifen geht übrigens nicht: Mitarbeiterinnen sind laut Vorschrift 1 der DGVU dazu verpflichtet, sich als Ersthelferinnen im Betrieb aus- und fortbilden zu lassen und sich danach zur Verfügung zu stellen: Dies gehört zu ihren sogenannten Unterstützungspflichten.
Alles da? Nur 63 Prozent wissen, wo sich Erste-Hilfe-Material befindet
Erste-Hilfe-Mittel im Unternehmen
Für die Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht nur eine ausreichende Ersthelferzahl entscheidend. Es gibt eine technische Regel für Arbeitsstätten, die sich speziell mit Erste-Hilfe-Räumen und den dazugehörigen Mitteln beschäftigt. Die Vorgaben in der "ASR A4.3“ müssen von allen Unternehmen befolgt werden. Verstöße ziehen Auflagen und Bußgelder nach sich. Und die Vorgaben sind sehr genau: so müssen Verbandskästen innerhalb einer Arbeitsstätte beispielsweise so verteilt werden, dass sie nie mehr als 100 Meter Wegstrecke von Arbeitsplätzen entfernt sind.
Zum Bereitstellen eines Erste-Hilfe-Raums ist jedes Unternehmen verpflichtet, das mehr als 1.000 Personen beschäftigt oder besondere Unfalls- und Gesundheitsgefahren im Betrieb hat. Erste-Hilfe Container sind ebenfalls erlaubt.
Laut einer Umfrage von EARSandEYES geben nur 47 Prozent der zwischen 18 und 29 Jährigen an, zu wissen, wo sich das Erste Hilfe Material an ihrem Arbeitsplatz befindet. Bei den 30 bis 49 Jährigen wissen es hingegen 63 Prozent. Die restlichen Befragten können es ungefähr nennen oder sich herleiten. Viel zu wenig für einen echten Notfall.
Berufsgruppen mit Erste-Hilfe-Pflicht
Es gibt viele Berufe, die Erste Hilfe Kurse voraussetzen: Während bei einer Bahnreise im Extremfall die Notbremse zum Einsatz kommt, kann ein Urlaubsflieger nicht einfach so anhalten. Flugbegleiter*innen müssen in der Ausbildung einen Erste-Hilfe-Kurs belegen. Die Airlines sind als Arbeitgeber verpflichtet, das Wissen ihrer Angestellten regelmäßig auffrischen zu lassen.
Sieht das bei Lehrerinnen genauso aus? Leider nein. In vielen Bundesländern müssen Lehrkräfte vor ihrem Berufseintritt einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren, sind in den Folgejahren allerdings nicht dazu verpflichtet, ihr Wissen aufzufrischen. Lehrerinnen, die selbst die Notwendigkeit sehen, müssen aus reiner Eigeninitiative handeln, teilweise die Kosten selbst übernehmen und die Kurse in ihrer Freizeit absolvieren. Der Bundesverband für Bildung und Erziehung (VBE) fordert daher die Ausbildung speziell ausgebildeter Fachkräfte an den Schulen, sogenannte Schulgesundheitsfachkräfte.
Bis dahin besteht für Lehrkräfte eine Pflicht, in einem Notfall Erste Hilfe zu leisten. Schulen können zusätzlich Schulsanitätsdienste einrichten und ihre Schülerinnen als Ersthelfer einbinden. Auch bei Erzieherinnen fehlt bislang eine einheitliche Regelung auf Bundesebene. Pro Kindergruppe muss zwar eine Erzieherin oder eine Erzieherin in Erster Hilfe ausgebildet sein und die Leitung der Kindertageseinrichtung hat dafür zu sorgen, dass diese Mindestanforderung eingehalten wird (§26, GUV-V A 1 „Grundsätze der Prävention“).
ABER: Die Ausbildung in Erster Hilfe erfolgt nach den länderspezifischen Regelungen. Allerdings achten viele Kita-Verbände darauf, dass ihre Angestellten ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse alle ein bis zwei Jahre auffrischen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft "Mehr Sicherheit für Kinder" führt seit dem Jahr 2000 regelmäßig am 10. Juni den Kindersicherheitstag durch. Mit wechselnden Themenschwerpunkten soll die Verhütung von Kinderunfällen in der öffentlichen Wahrnehmung gestärkt und im Bewusstsein von Eltern, Kindern und Fachpersonal fest verankert werden.
Nähere Informationen zum Kindersicherheitstag auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft https://www.kindersicherheit.de/kindersicherheitstag.html
HINWEIS: Kinder sind für die Zeit in der Kita und auch auf dem Weg dorthin gesetzlich unfallversichert. Unfälle sollten deshalb immer mit Datum und Hergang schriftlich dokumentiert werden.
Literaturverzeichnis
- ADAC (2019). Erste Hilfe bei Motorradunfällen, URL: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/zweirad/motorrad-roller/motorrad-fahren/erste-hilfe-bei-motorradunfaellen/
- ADAC (2020). Rettungsgasse richtig bilden, URL: https://www.adac.de/verkehr/recht/verkehrsvorschriften-deutschland/rettungsgasse/
- Auto Motor und Sport (2019) Neuer Tiefstand erwartet, URL: https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/unfallstatistik-2019-verkehrstoten/
- Deutsches Rotes Kreuz (2013). Erste Hilfe am Unfallort, URL: https://www.drk.de/presse/pressemitteilungen/meldung/erste-hilfe-am-unfallort-richtig-helfen-kann-nur-jeder-dritte/
- Johanniter (2018). Erste Hilfe und Wiederbelebung, URL: https://www.johanniter.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/JUH/BG/Meldungen/Umfrage_Forsa_Ergebnisse_Erste_Hilfe.pdf
- Reanimationsregister (2019). Öffentlicher Jahresbericht, URL: https://www.reanimationsregister.de/files/users/jakisch/au%C3%9FerklinischerJahresbericht-3.pdf
- Sozialgesetzbuch (2019)
- Statista (2020). Anzahl der Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden, URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3396/umfrage/anzahl-der-strassenverkehrsunfaelle-mit-personenschaden/
- Strafgesetzbuch (2019)