Das Hormon Melatonin wird überwiegend in der Zirbeldrüse (Epiphyse) im Gehirn produziert. Dabei wird die Aminosäure Tryptophan zunächst in Serotonin und dann in Melatonin umgewandelt. Melatonin hat großen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus von Menschen und Tieren.
Wofür benötigt der Körper Melatonin?
Das als Schlafhormon bekannte Melatonin wird hauptsächlich nachts vom Körper produziert. Die maximale Melatoninsynthese findet zwischen 01:00 und 04:00 Uhr statt. Tageslicht hemmt die Melatoninbildung, Dunkelheit regt die Melatoninausschüttung an. Durch den abends erhöhten Melatoninspiegel wird der Körper auf den Schlaf vorbereitet. Dazu gehören Müdigkeit, das Absenken der Körpertemperatur, Entspannung der Muskulatur, Drosselung des Energieverbrauches und Senkung des Blutdrucks.
Aufgaben von Melatonin im menschlichen Körper:
- Steuerung des tages- und jahreszeitlichen Biorhythmus
- Regulierung von Stoffwechselprozessen
- Stimulierung des Immunsystems
- Beeinflussung der Ausschüttung von Sexualhormonen
- Unterstützung von Lernen und Gedächtnis
Bei welchen Symptomen Melatoninwert bestimmen?
Schlafstörungen sind der häufigste Grund dafür, den Melatoninspiegel zu messen. Dazu gehören Ein- und Durchschlafstörungen, chronische Tagesmüdigkeit und Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Auch Stimmungsschwankungen, depressive Episoden oder Winterdepressionen sind Gründe, den Melatoninwert zu messen. Dabei sind die Symptome von Melatoninmangel und Melatoninüberschuss sehr ähnlich.
Laboruntersuchung Melatoninwert
Der Melatoninspiegel kann aus Blutserum, Blutplasma, Speichel oder Urin bestimmt werden. Da die Melatoninwerte im Körper im Tagesverlauf stark schwanken, sollte bei mehreren Probeentnahmen immer die gleiche Tageszeit gewählt werden und die Werte im Kontext der Tageszeit interpretiert werden.
Melatoninwert messen
Die Melatoninkonzentration im Blut kann mithilfe sogenannter Immunassays (RIA, Radioimmunassay oder ELISA, Enzyme-linked Immunosorbent Assay) bestimmt werden. Dazu eignet sich z. B. 1 ml Blutserum als Probematerial.
Alternativ kann in einer Urinprobe aus nächtlichem Sammelurin und Morgenurin das 6-Hydroxymelatoninsulfat gemessen werden. Dieses Melatoninabbauprodukt eignet sich, um auf die nächtliche Melatoninausschüttung Rückschlüsse zu ziehen.
Melatonin Normalwerte
Normwerte für Melatonin aus Blut bei Erwachsenen:
- Tag: < 20 pg/ml
- Nacht: 30–150 pg/ml
Normwerte für Melatonin aus Urin (nächtlicher Sammelurin mit Morgenurin):
- Erwachsene: 260 pmol/l
- Kleinkinder: 1.400 pmol/l
Melatoninwerte sind stark abhängig von Faktoren wie Tages- und Jahreszeit, dem Lebensalter und den aktuellen Lebensumständen der Person. Deshalb sollten Referenzwerte lediglich als grobe Orientierung betrachtet und die Ergebnisse von Melatoninanalysen unbedingt zusammen mit ÄrztInnen ausgewertet werden.
Ursachen für niedrige Melatoninspiegel
- Hohes Lebensalter
- Koffein, Alkohol, Nikotin
- Schlafstörungen, Jetlag, Schichtarbeit
- Medikamente (z. B. Cortison, Beta-Blocker, Acetylsalicylsäure)
- Künstliches Licht mit hohem Blauanteil
- Chronischer Stress (erhöhter Cortisol-Spiegel)
- Serotoninmangel
- Wechseljahre
- Lange Tageslichtphasen im Sommer
- Winterdepression, Depression, Schizophrenie
- Brustkrebs
Ursachen für hohe Melatoninspiegel
- Leberzirrhose bzw. Leberfunktionsstörungen
- Tumor der Zirbeldrüse (Pinealom)
- Antidepressiva
- Lichtmangel (v. a. im Winter)
- Schwangerschaft
Vorbeugung und Behandlung auffälliger Melatoninwerte
Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und ausreichend Schlaf kann in den meisten Fällen eine Imbalance des Melatoninspiegels verhindern.
Sind Ein- oder Durchschlafstörungen vorhanden, so sollte nicht direkt zu Melatonin-haltigen Medikamenten gegriffen werden. In Deutschland ist lediglich ein einziges solches Medikament zugelassen und auch nur für eine kurzzeitige Behandlung von Patienten über 55 Jahre. Erste Wahl zur Beseitigung von Schlafstörungen sollten Entspannungstechniken und eine Optimierung der Schlafhygiene sein.
Tipps für einen ausgewogenen Melatoninhaushalt
Eine gute Schlafhygiene besteht aus mehreren Faktoren:
Regelmäßige Bettzeiten
Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad im Schlafzimmer
Rituale zum Einschlafen (z. B. Baden, Lesen, Hörspiele)
Im Sommer das Schlafzimmer gut abdunkeln
Abends kein künstliches Licht (Monitor, Fernseher, Display)
Individuell passende Matratze, Kopfkissen und Bettdecke
Abends kein schweres Essen und kein Alkohol oder Nikotin
Lebensmittel mit viel Melatonin:
Tierische Lebensmittel: Eier, Fisch, Milch
Getreide: Reis, Weizen, Haferflocken
Obst: Erdbeere, Kirsche, Cranberry
Gemüse: Tomate, Paprika
Pilze: Steinpilz, Champignon
Nüsse: Walnuss, Pistazie
Fakten zum Schlafhormon Melatonin
- Nachts produziert der Körper bis zu 100-mal mehr Melatonin als am Tag.
- Der Melatoningehalt in Milch ist tageszeitabhängig (bezogen auf die Zeit der Entnahme).
- In den USA gilt Melatonin als Wundermittel und ist freiverkäuflich; in Europa hingegen ist der Einsatz von Melatonin als Medikament stark reglementiert.
- In Deutschland leiden 80 % der Erwerbstätigen unter Schlafstörungen.
Quellen
Marschall J, Nolting H-D, Hildebrandt S, et al.: DAK Gesundheitsreport 2017. https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2017/73275/pdf/dak_gesundheitsreport_2017_1887532.pdf
Melatonin. Endokrinologikum Labore Hamburg. 2019. https://www.endokrinologikum-aesculabor.de/leistungsverzeichnis/hormone/parameter/melatonin.html (zugegriffen 10. Februar 2022)
Melatonin. DocMedicus Gesundheitslexikon. http://www.gesundheits-lexikon.com/Labormedizin-Labordiagnostik/Hormondiagnostik/Melatonin.html (zugegriffen 10. Februar 2022)
Melatonin [Laborwert]. Pschyrembel Online. 2020. https://www.pschyrembel.de/Melatonin%20%5BLaborwert%5D/K0DXE (zugegriffen 10. Februar 2022)
Meng X, Li Y, Li S, et al.: Dietary Sources and Bioactivities of Melatonin. Nutrients 2017; 9: 367.
Reichelt A: Schlafhormon Melatonin – Wie beeinflusst der Botenstoff unseren Schlaf. SEVEN SUNDAYS. https://seven-sundays.shop/blogs/gute-nacht/melatonin (zugegriffen 10. Februar 2022)