Aus medizinischer Sicht gilt ein Gewichtsverlust von über 10 Prozent des Ausgangsgewichtes innerhalb eines halben Jahres als abklärungsbedürftig.
Die Abnahme des Körpergewichts erfolgt bei negativer Energiebilanz. Das bedeutet, dass dem Körper weniger Energie in Form von Nahrung zugeführt wird, als er braucht, um die Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Der durchschnittliche Freizeitumsatz bei Frauen beträgt 8.400, bei Männern 9.600 Kilojoule pro Tag. Der Energieumsatz variiert in Abhängigkeit von physischer und psychischer Aktivität sowie dem körperlichen Zustand. Überschüssige Energie wird in Form von Fettgewebe gespeichert, dies führt zu einer Gewichtszunahme. Wird nicht ausreichend Energie aufgenommen, mobilisiert der Körper unter anderem die Fettreserven und stellt durch den Abbau von Fett Energie zur Verfügung.
- Die Ursache für Gewichtsabnahme ist eine negative Energiebilanz.
- Neugeborene verlieren innerhalb der ersten Lebenstage 7 bis 10 Prozent ihres Geburtsgewichtes. Ab dem 5. Lebenstag sollte das Gewicht wieder zunehmen.
- Untergewicht bei Erwachsenen besteht ab einem Body-Mass-Index von unter 18,5 kg/m2.
- Ungewollter Gewichtsverlust ist eines von drei Symptomen sogenannter B-Symptomatik, die einen Hinweis auf Krebserkrankungen liefert.
Ursachen für Gewichtsverlust
Eine Gewichtsabnahme geschieht häufig gewollt. In diesem Fall wird eine negative Energiebilanz aktiv angestrebt, indem die zugeführte Energie in Form von Nahrung verringert oder die körperliche Aktivität erhöht wird. Der Aufbau von Muskelmasse trägt zur Gewichtsreduktion bei, da Muskeln einen hohen Energieumsatz haben. Muskeln haben allerdings auch einen höheren Wassergehalt und damit mehr Gewicht als Fettgewebe, sodass zu Beginn regelmäßigen Muskeltrainings zunächst eine Zunahme des Körpergewichts zu erwarten ist.
Ungewollter Gewichtsverlust hingegen kann ein Anzeichen für zahlreiche körperliche und psychische Erkrankungen sowie Mangelernährung sein.
Gewichtsverlust im Alter
Insbesondere ältere, vorerkrankte PatientInnen leiden unter sogenannter Kachexie. Kachexie ist der Fachbegriff für krankhaften Gewichtsverlust, der sowohl auf Abbau des Fettgewebes als auch der Muskeln beruht. Natürlicherweise nimmt die Stoffwechselaktivität zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr ab und der Energieumsatz sinkt. Dies führt bei vielen Menschen zu Gewichtszunahme. Fortgeschrittenes Alter, das Zusammenspiel verschiedener Erkrankungen sowie Schmerzen und andere Umstände führen mit der Zeit jedoch zum Appetitverlust. Die Nahrungsaufnahme sinkt und auch die körperliche Aktivität nimmt ab, sodass zeitgleich Fett und Muskelmasse abgebaut werden. Kachexie ist ein gefährlicher Zustand, denn der Körper hat keinerlei Energiereserven. Der Muskelschwund trägt maßgeblich zum Teufelskreis bei, da die Bewegungsfähigkeit weiter abnimmt.
Erkrankungen mit Gewichtsverlust
Häufig sind Hormonstörungen der Auslöser für Gewichtsverlust .Ursprünge der Hormonstörung können Erkrankungen der Niere, der Schilddrüse, der Bauchspeicheldrüse sowie psychische Erkrankungen sein.
Tumore können Hormone produzieren oder die natürliche Hormonproduktion hemmen und auf diesem Weg Gewichtsverlust herbeiführen. Auch nicht hormonproduzierende Tumore gehen oft mit Gewichtsverlust einher, da sie viel Energie konsumieren.
Bei einer Überfunktion der Schilddrüse produziert diese zu viele Schilddrüsenhormone. Diese haben diverse Effekte auf verschiedenste Körperfunktionen, unter anderem wirken sie anregend auf den Stoffwechsel. PatientInnen bemerken oft einen beschleunigten Puls als Herzklopfen, Hitzewallungen und Zittern durch erhöhte Muskelspannung. Starker Gewichtsverlust trotz normaler Ernährung sind die Folge der hormonellen Effekte der Schilddrüsenhormone.
Die Nebenniere produziert das Stresshormon Cortisol. Bei einer Nebennierenrinden-Insuffizienz ist die Cortisolproduktion zu gering bzw. fehlt vollständig. Die primäre Form mit dem Defekt direkt in der Nebenniere wird als Morbus Addison bezeichnet. Der sekundären Form liegt eine Störung der Hormonachse zwischen Gehirn und Nebenniere zugrunde. Die geringen Cortisolspiegel führen neben anderen Symptomen zum Gewichtsverlust.
Bei Diabetes mellitus Typ 1 besteht ein absoluter Insulinmangel, beim Typ 2 sind die Zellen des Körpers zunehmend resistent gegen Insulin. Insulin ist der Schlüssel zur Zelle, mit dessen Hilfe Glukose in die Zelle gelangt. Fehlt Insulin, kann nicht ausreichend Energie aufgenommen werden, da der Zucker im Blut verbleibt und zum großen Teil ausgeschieden wird. Insbesondere bei Typ 1 kommt es zum Gewichtsverlust. Da der Typ 2 Diabetes auch auf Fehlernährung zurückzuführen ist und die Insulinresistenz über einen langen Zeitraum zunimmt, kommt es bei dieser Form seltener zu Gewichtsverlust.
Gewichtsverlust und Krebs treten nicht selten gemeinsam auf. Einige Tumore produzieren stoffwechselaktivierende Hormone. Dazu zählen einige Hirntumore, Schilddrüsenkarzinome oder Katecholamin-produzierende Tumore (Phäochromozytome). Tumore, die die natürliche Produktion stoffwechselaktiver Hormone wie Cortisol durch verdrängendes Wachstum hemmen, können auf diesem Weg Gewichtsverlust verursachen. Beispiele sind Tumore der Niere oder Hypophysenadenome. Auch PatientInnen mit nicht hormonaktiven Krebserkrankungen leiden häufig unter Gewichtsverlust, der sogenannten Tumorkachexie. Ursache ist der hohe Energieverbrauch des Tumors, der mit Fett- und Muskelabbau einhergeht. Ein Gewichtsverlust von über 10 Prozent des Ausgangsgewichtes innerhalb von 6 Monaten gilt als bedenklich und zählt neben nächtlichem Schwitzen und Fieber zur B-Symptomatik. Diese drei Symptome treten besonders häufig bei Lymphdrüsenkrebs auf.
Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes gehen häufig mit Erbrechen und/oder Durchfall und infolgedessen mit Gewichtsabnahme einher. Bei Anhalten dieser Symptome gehen viele Nährstoffe verloren oder können durch Reizung der Darmschleimhaut nicht aufgenommen werden. Beispiele für solche Erkrankungen sind Geschwüre im Magen oder Dünndarm, Reizmagen und -darm, Darmentzündungen, Darmkrebs sowie Zwerchfellbruch. Starker Gewichtsverlust in kurzer Zeit kann durch massiven Flüssigkeitsverlust und eingeschränkte Nahrungsaufnahme bei Magen-Darm-Infekten verursacht werden. Auch ein Reizdarm führt zu Gewichtsverlust durch häufigen Durchfall.
Sowohl bakterielle, virale, parasitäre als auch pilzbedingte Infektionen können Gewichtsverlust verursachen. Insbesondere fieberhafte Infekte vermindern den Appetit. Dieser Effekt erklärt auch einen Gewichtsverlust bei Corona-Infektion oder Grippe. Viele chronische Infektionen wie Tuberkulose oder HIV gehen durch den erhöhten Energieumsatz und verminderten Appetit ebenfalls mit Gewichtsverlust einher.
Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen können mit Appetitminderung und starkem Antriebsmangel einhergehen. PatientInnen leiden unter Umständen unter starkem Gewichtsverlust trotz guter Blutwerte. Gewichtsverlust durch Stress und Angst sollte bei der Ursachensuche stets bedacht werden. Eine weitere psychische Ursache für Gewichtsverlust sind Essstörungen wie Anorexia nervosa oder Bulimie.
Abhängigkeit von Drogen, Alkohol, Nikotin oder anderen Substanzen kann zu Gewichtsabnahme führen. PatientInnen mit Alkoholismus leiden häufig unter Verdauungsstörungen und Mangel bzw. gestörter Aufnahme von Nährstoffen im Darm. Nikotinkonsum vermindert zeitweise den Appetit. Verschiedene Drogen wie Kokain, Amphetamine und Abkömmlinge von Amphetaminen nehmen Einfluss auf Botenstoffe im Gehirn und hemmen auf diesem Weg den Appetit. Außerdem verursachen sie körperliche Unruhe, dadurch wird der Energieumsatz gesteigert.
Gewichtsverlust nach Operationen
Operationen am Magen-Darm-Trakt können dazu führen, dass verschiedene Nährstoffe nicht in ausreichender Menge aufgenommen werden können. Nach Operationen am Magen kommt es typischerweise zu Vitamin-B12-Mangel. Im Magen wird der intrinsische Faktor gebildet, mit dessen Hilfe Vitamin B12 im Dünndarm resorbiert werden kann.
Eingriffe an Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse können die Produktion von Verdauungssäften beeinträchtigen. Diese sind essenziell für die Fett- und Proteinverdauung.
Werden Teile des Darms entfernt, steht eine insgesamt kleinere Verdauungsfläche zur Verfügung. Die Verweildauer des Nahrungsbreies im Darm verkürzt sich, sodass weniger Zeit für die Zersetzung und Aufnahme von Nährstoffen bleibt. Häufig kommt es nach Darmoperationen zu Durchfall. Dieser begünstigt zusätzlich den ungewollten Gewichtsverlust.
Gewichtsverlust bei Neugeborenen und Kindern
Ein Gewichtsverlust nach der Geburt von bis zu 7 Prozent des Geburtsgewichtes ist normal. Ungefähr ab dem 5. Tag nach Geburt sollte das Gewicht langsam wieder steigen. Säuglinge und Kinder steuern ihr Essverhalten in der Regel intuitiv. Tendenziell sollte das Gewicht im Rahmen des Wachstums steigen. Ein Gewichtsverlust sowie eine Stagnation des Körpergewichtes bei zunehmender Körpergröße sollte deshalb immer ärztlich abgeklärt werden.
Medikamente und Gewichtsverlust
Als Nebenwirkung vieler Medikamente kann Gewichtsverlust auftreten. Bei der Therapie kann diese Nebenwirkung erwünscht sein, sie kann aber auch eine Therapielimitierung darstellen.
Bei der Therapie von Diabetes mellitus Typ 2 kann bei den meisten PatientInnen vor der Insulintherapie eine Therapie mit blutzuckersenkenden Tabletten eingeleitet werden. Einige Präparate wie Metformin oder GLP-1R-Antagonisten (Glucagon-like peptide 1 Rezeptor-Antagonisten) hemmen die Glukoseaufnahme im Darm oder verlangsamen die Darmpassage der Nahrung, sodass der Appetit vermindert wird. Dieser Effekt ist in vielen Fällen erwünscht, da diese Form des Diabetes nicht selten mit Übergewicht einher geht.
Psychopharmaka mit Wirkung auf Botenstoffe im Gehirn können den Appetit beeinflussen. Ein bekanntes Beispiel für ein Medikament mit Gewichtsverlust als Nebenwirkung ist Methylphenidat. Dieses Medikament ist auch als Ritalin, Medikinet oder Concerta bekannt und wird zur Symptomkontrolle bei Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) eingesetzt. Es zählt zur Gruppe der Amphetamin-Abkömmlinge. Diese unterbinden den Appetit. Der Gewichtsverlust ist bei Kindern mit ADHS ein therapielimitierender Faktor.
Antibiotika dienen der Abtötung von Bakterien bei bakteriellen Infektionen. Sie wirken unspezifisch, sodass je nach Dosierung und Anwendungsdauer auch die natürliche Darmflora geschädigt wird. Dies führt zu Durchfällen und und birgt eine Gefahr für Gewichtsverlust.
Eine Chemotherapie ist bei vielen Krebsarten unumgänglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Übelkeit, Erbrechen und Reizung der Schleimhäute. PatientInnen berichten von Appetitlosigkeit und Schmerzen beim Essen durch Schleimhautdefekte. In diesem Fall kommt es zum therapieassoziierten Gewichtsverlust.
Gewichtsverlust im Rahmen einer Darmreinigung wird von vielen PatientInnen als positiver Nebeneffekt angesehen. Eine Darmreinigung wird durch Fasten in Kombination mit abführender Flüssigkeit und Einläufen durchgeführt. Die Reinigung des Darms kann helfen, das Mikrobiom wieder aufzubauen. Sie sollte jedoch ärztlich überwacht werden, um möglichen Nebenwirkungen vorzubeugen.
Behandlung von Gewichtsverlust
Prinzipiell lässt sich Gewichtsverlust vorbeugen, indem durch ausreichende Nährstoffzufuhr eine ausgeglichene Energiebilanz angestrebt wird. Bei ungewolltem Gewichtsverlust liegen jedoch in der Regel Erkrankungen zugrunde, die den Energieumsatz steigern und gleichzeitig zum Appetitverlust führen. Die Folge ist starker Gewichtsverlust trotz normaler Ernährung. Die Behandlung von Gewichtsverlust liegt demnach in der Therapie der auslösenden Krankheit.
Hormonstörungen und hormonproduzierende Tumore können in der Regel durch medikamentöses Blocken überschüssiger Hormone behandelt werden. Reicht die medikamentöse Behandlung nicht aus, können operative Maßnahmen nötig sein.
Nach Operationen am Magen-Darm-Trakt kann die Ernährung mit Hilfe von Nahrungszusätzen bei Bedarf optimiert werden.
Sind Medikamentennebenwirkungen die Ursache für Gewichtsverlust, sollten die auslösenden Medikamente möglichst abgesetzt werden. In einigen Fällen, wie bei Antidiabetika, ist der Gewichtsverlust jedoch sogar erwünscht und trägt zum Therapieerfolg bei.
Unklarer Gewichtsverlust sollte in jedem Alter unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Bei Kindern im Wachstum ist schon eine Stagnation des Körpergewichtes suspekt und sollte eine ärztliche Konsultation nach sich ziehen.
Psychische Erkrankungen mit Verweigerung der Nahrungsaufnahme sowie starker Appetitmangel, Übelkeit oder häufiges Erbrechen können zu Untergewicht führen. Besteht durch das Untergewicht eine Mangelernährung oder wird das Gewicht lebensbedrohlich niedrig, kann eine künstliche Ernährung erfolgen. Diese kann enteral, also über eine Magensonde in den Magen erfolgen oder über die Vene verabreicht werden. Die künstliche Ernährung kann bei Lebensgefahr in Ausnahmen auch gegen den Willen der PatientInnen durchgesetzt werden.
Bis zur Ursachenfindung bzw. zur Überbrückung bis zum Therapieerfolg kann dem weiteren Gewichtsverlust hochkalorische Nahrung entgegengesetzt werden. Diese ist in der Regel als Trinknahrung sowie in Brei- und Puddingform in der Apotheke erhältlich. Sie dient der Deckung des Energiebedarfes und sollte nach ärztlicher Anordnung zusätzlich zur normalen Nahrung aufgenommen werden.
Häufige Fragen zu Gewichtsverlust
Gewichtsverlust ist ein Symptom von Erkrankungen des Hormonsystems, Tumoren, Infektionen oder Diabetes. Gewichtsverlust kann auch durch Medikamente ausgelöst werden.
Plötzlicher Gewichtsverlust innerhalb weniger Tage ist weniger auf einen Fettabbau zurückzuführen. Eher ist Wasserverlust im Rahmen von Durchfall oder Erbrechen, mangelnder Flüssigkeitszufuhr oder starkem Schwitzen die Ursache.
Eine ungewollte Gewichtsabnahme sollte immer ärztlich abgeklärt werden. MedizinerInnen sehen es als bedenklich an, wenn innerhalb von 6 Monaten mehr als 10 Prozent des Ausgangsgewichtes abgenommen werden.
Bei unklarem Gewichtsverlust trotz normaler Ernährung sowie Appetitverlust und weiteren Symptomen wie Hitzewallungen, Schwitzen oder Fieber sollte ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden.
Nimmt ein Mensch weniger Energie mit der Nahrung auf, als er oder sie verbraucht, wird Fett abgebaut. Dieses dient als alternative Energiequelle zur Deckung des Energiebedarfs. Das Körpergewicht reduziert sich auch bei Muskelabbau in Folge von mangelnder Bewegung.
Starker Gewichtsverlust führt zu unzureichender Energieversorgung des Körpers. Im Extremfall können lebenswichtige Funktionen wie Thermoregulation, Verdauung, Atmung oder Herzschlag nicht mehr ausgeführt werden. Allgemein bestehen in der Regel körperliche Schwäche, ein Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefizit sowie erhöhtes Schlafbedürfnis.
Quellen
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