Etwa 99,7 Prozent aller weiblichen Jugendlichen sind zum Zeitpunkt der ersten Regelblutung (Menarche) jünger als 15,5 Jahre.
Amenorrhoe ist definiert als das Ausbleiben oder Ausfallen der Periode. Hat bis zum 16. Lebensjahr die erste Periode (Menarche) noch nicht stattgefunden, spricht man von primärer Amenorrhoe. Eine sekundäre Amenorrhoe beschreibt den Ausfall der Periode für mehr als 3 Monate. Ein normaler Menstruationszyklus hat eine Dauer von 25 bis 31 Tagen. Verschiedene Einflussfaktoren wie Stress, Schwangerschaft, körperliche und psychische Erkrankungen oder anatomische Veränderungen können einen unregelmäßigen Zyklus verursachen oder zu Amenorrhoe führen. Eine Amenorrhoe sollte immer ein Grund für die Vorstellung in der gynäkologischen Sprechstunde sein.
- Primäre Amenorrhoe beschreibt eine ausbleibende erste Periode (Menarche) über das 16. Lebensjahr hinaus.
- Die erste Regelblutung heißt Menarche und tritt durchschnittlich zwischen dem 11. und 13. Lebensjahr auf.
- Als sekundäre Amenorrhoe wird der Ausfall der Menstruationsblutung über einen längeren Zeitraum als 3 Monate bezeichnet.
- Der häufigste Grund für das Ausbleiben der Periode ist eine Schwangerschaft.
Amenorrhoe – Ursachen
Die Gründe für das Ausbleiben der Periode sind vielfältig. Die Diagnosestellung erfolgt anhand einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Wegweisend ist meist eine Laboruntersuchung mit Bestimmung der Hormonspiegel. Neben hormonellen Störungen können auch genetische Erkrankungen, Chromosomenveränderungen oder psychische Beeinträchtigungen die Ursache für Amenorrhoe sein.
Nicht jede Amenorrhoe ist krankhaft, jedoch sollte bei unklarer Ursache immer eine ärztliche Untersuchung erfolgen.
Physiologische Amenorrhoe
Das Ausbleiben der Periode ist nicht immer krankhaft. Der häufigste Grund für sekundäre Amenorrhoe ist eine Schwangerschaft. Hat sich die befruchtete Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut eingenistet, sorgen die Schwangerschaftshormone für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Auch eine Amenorrhoe nach Entbindung, insbesondere bei stillenden Menschen, ist normal. Das Stillhormon Prolaktin hemmt die Steuerungshormone des Menstruationszyklus. Dennoch ist Stillen kein sicherer Schutz vor erneuter Schwangerschaft.
Auch eine primäre Amenorrhoe kann nicht-krankhafte Ursachen haben. Viele LeistungssportlerInnenleiden unter Amenorrhoe. Sport kostet den Körper sehr viel Energie. Für eine mögliche Schwangerschaft müssen optimale Bedingungen herrschen. Bei potenziellem Energiedefizit wird der Zyklus ausgesetzt, da die notwendige Energiebereitstellung für ein heranwachsendes Kind nicht gewährleistet ist.
Verschiedene Verhütungsmethoden, insbesondere hormonelle Verhütung, induzieren ebenfalls Amenorrhoe. Durch die Einnahme der Pille kommt es bei Auslassen der Pillenpause zur sekundären Amenorrhoe. Nach Absetzen der Pille berichten viele Betroffene von sogenannter „post-pill-Amenorrhoe“. Ein Ausbleiben der Periode bis zu 12 Monate nach langzeitiger Einnahme von Hormonpräparaten wird als unbedenklich angesehen. Nach Einsatz einer Hormonspirale kommt es bei vielen PatientInnen durch die lokale Hormoneinwirkung ebenfalls zur sekundären Amenorrhoe.
Mit den Wechseljahren tritt natürlicherweise eine dauerhafte Amenorrhoe ein. Die letzte Regelblutung (Menopause) findet durchschnittlich im Alter von 52 Jahren statt.
Amenorrhoe durch Fehlanlage
Anatomische Fehlbildungen der inneren Geschlechtsorgane können eine primäre Amenorrhoe verursachen. Fehlbildungen treten entweder im Rahmen genetischer Erkrankungen oder isoliert auf. Bei isolierten Fehlanlagen der Geschlechtsorgane ohne andere Symptome fallen diese meist erstmalig durch ausbleibende Menarche auf. Beispiele für Fehlbildungen sind ein verschlossenes Jungfernhäutchen (Hymenalatresie), Vaginalsepten sowie das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom. Bei diesem Syndrom kommt es durch eine Störung in der Embryonalentwicklung zur fehlenden Ausprägung von Vagina, Gebärmutterhals (Zervix) und Uterus, während die Eierstöcke normal angelegt sind.
Körperliche Erkrankungen mit Amenorrhoe
Körperliche Erkrankungen können Einfluss auf das Hormonsystem nehmen und zu Zyklusunregelmäßigkeiten und Amenorrhoe führen. Diese Erkrankungen sind zum Teil genetisch bedingt, wie das Adrenogenitale Syndrom (AGS).
Der Begriff Adrenogenitales Syndrom (AGS) beschreibt eine Gruppe von autosomal-rezessiv vererbbaren Stoffwechselstörungen. Die häufigste Ursache ist eine Mutation im CYP21A2-Gen, welche zu einem 21-Hydroxylase-Mangel führt. Infolgedessen kommt es zur Störung der Steroidhormonsynthese in der Nebenniere und dadurch zum Cortisolmangel. Dies führt über weitere Zwischenschritte zu einer verstärkten Produktion von Androgenen. Bei biologischen Mädchen (Karyotyp 46,XX) kommt es bereits vor Geburt zur Vermännlichung der äußeren Geschlechtsmerkmale (Virilisierung). In beiden Geschlechtern kann es zu einem lebensbedrohlichen Salzverlust kommen. Typisch ist auch ein Pseudopubertas praecox. Diese frühzeitige Pubertät führt anfangs zu einem raschen Körperwachstum. Durch vorzeitigen Epiphysenverschluss kommt es letztendlich allerdings zum Kleinwuchs der Betroffenen.
Das Adrenogenitale Syndrom ist eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung, die zu einer verminderten Produktion des Stresshormons Cortisol in der Nebennierenrinde führt. Die Folge ist eine gesteigerte Ausschüttung des Steuerungshormons ACTH im Gehirn, welches neben der Cortisolsynthese auch die Herstellung von Testosteron und seinen Vorstufen induziert. Es resultiert die Ausbildung männlicher Geschlechtsorgane bei biologisch weiblichen Säuglingen. Der Grad der Ausprägung wird durch die Art der Mutation bestimmt. Leichte Formen bleiben bis zum verfrühten Beginn der Pubertät asymptomatisch und fallen erst durch primäre Amenorrhoe auf.
Die Ovarialinsuffizienz beschreibt die unzureichende Funktion der Eierstöcke. Diese kann primär vorhanden sein, die Störung liegt bei den Eierstöcken selbst. Ursachen für eine primäre Insuffizienz sind genetische Erkrankungen und Chromosomenstörungen, Bestrahlung der Eierstöcke, Chemotherapie sowie verminderte Anzahl an Eizellen bei Geburt. Eine primäre Ovarialinsuffizienz vor dem 40. Lebensjahr verursacht den verfrühten Beginn der Wechseljahre (Klimakterium praecox).
Die sekundäre Ovarialinsuffizienz beruht auf einer Störung der Steuerung durch das Gehirn bei vollkommen funktionsfähigen Eierstöcken. Die Beeinträchtigung der Hormonachse zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Eierstöcken hat diverse Ursachen. Beispiele für mögliche Gründe sind Schilddrüsenunterfunktion, Medikamenteneinnahme, Tumore mit Produktion des Stillhormons Prolaktin, Untergewicht und Leistungssport. Tumore der Hypophyse können ebenfalls deren Funktion beeinträchtigen und eine hypophysäre Amenorrhoe verursachen.
Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ist verantwortlich für die Produktion zahlreicher stoffwechsel- und wachstumsrelevanter Hormone. Die häufigste Ursache für eine verminderte Funktion der Hypophyse sind gutartige Tumore (Adenome) des Hypophysenvorderlappens. Etwa 60 Prozent aller Hypophysenadenome sind hormonaktiv und können zum Beispiel durch Prolaktinproduktion zu Amenorrhoe führen. Auch nicht-hormonaktive Adenome können durch Verdrängung der Hypophyse eine hypophysäre Amenorrhoe verursachen. Seltenere Ursachen für Hypophyseninsuffizienz sind Schädel-Hirn-Traumata, Entzündungen, Autoimmunerkrankungen sowie das Sheehan-Syndrom. Dieses Syndrom tritt bei Müttern nach der Entbindung auf und beschreibt eine Hypophyseninsuffizienz aufgrund von starkem Blutverlust während der Geburt mit Minderdurchblutung der Hypophyse. Eine Hypophyseninsuffizienz kann auch im Rahmen chronischer Erkrankungen wie Mukoviszidose oder chronischer Darmentzündung auftreten.
Tumore können durch Hormonproduktion zu Amenorrhoe führen. Häufig sind Prolaktin-produzierende Tumore, welche eine sekundäre Ovarialinsuffizienz auslösen. Auch die Behandlung von Krebserkrankungen mit Chemotherapie und/oder Bestrahlung kann die Eierstöcke nachhaltig schädigen und das Ausbleiben der Periode verursachen. Bei Krebserkrankungen der inneren Geschlechtsorgane kann eine Operation als Behandlungsmethode angezeigt sein. Die Entfernung der Ovarien oder Gebärmutter führt zwangsläufig auch zur Amenorrhoe.
Das Polyzystische Ovarialsyndrom ist eine Stoffwechselerkrankung einhergehend mit Zysten der Eierstöcke, Zyklusstörungen sowie Ausprägung männlicher sekundärer Geschlechtsmerkmale wie Hirsutismus. Die genaue Ursache der Erkrankung ist weitgehend unklar, es besteht jedoch eine Assoziation zu anderen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus.
Psychische Erkrankungen mit Amenorrhoe
Der psychische Zustand eines Menschen kann den Hormonhaushalt enorm beeinflussen. Insbesondere Stress führt bei vielen Menschen zu Unregelmäßigkeiten des Zyklus. Bei Stress kommt es jedoch eher zu Zwischenblutungen oder Zyklusverlängerung als zur tatsächlichen Amenorrhoe.
Essstörungen hingegen gehen häufig mit Untergewicht einher. Bei gesunden Menschen erhält das Gehirn Signale aus verschiedenen Bereichen des Körpers, unter anderem aus dem Fettgewebe, mit Informationen über den Energiehaushalt. Bleibt dieses Signal aufgrund von mangelnder Nahrungszufuhr, Leistungssport oder Untergewicht aus, veranlasst der Körper einen Energiesparmodus. Da eine Schwangerschaft aufgrund der körperlichen Konstitution nicht tragbar wäre und die Energiereserven für die Aufrechterhaltung essenzieller Körperfunktionen vorgehalten werden müssen, kommt es zum Aussetzen des Zyklus mit Amenorrhoe. Die Ernährung betroffener PatientInnen ist in diesem Zustand essenziell.
Amenorrhoe – Behandlung
Besteht die Amenorrhoe aufgrund von Schwangerschaft, Stillzeit oder Verhütung, gibt es in der Regel keinen Bedarf für eine Therapie. Die ausbleibende Periode ist entweder gewünscht oder reguliert sich mit der Zeit selbst. Auch bei postmenopausaler Amenorrhoe bedarf es keiner Therapie. Möglicherweise bestehen im Rahmen der Wechseljahre weitere Symptome neben der Amenorrhoe. Hormontherapie kann diese Symptome lindern, führt jedoch nicht zum Wiedereinsetzen der Periode.
Liegt der Amenorrhoe eine körperliche oder psychische Erkrankung zugrunde, muss diese entsprechend behandelt werden. Tumore können in vielen Fällen erfolgreich operativ entfernt werden. Hormonstörungen bei Hypophysen- oder Ovarialinsuffizienz müssen als Ursache für eine Amenorrhoe identifiziert werden und können behandelt werden, wenn Leidensdruck oder Begleitsymptome bestehen. Bei Amenorrhoe und Kinderwunsch ist oft eine Behandlung mit Hormontherapie notwendig, um einen Eisprung auszulösen.
Essstörungen mit sekundärer Ovarialinsuffizienz können mit Psychotherapie behandelt werden. Oft ist die Behandlung langwierig.
Häufige Fragen zu Amenorrhoe
Die Behandlung einer Amenorrhoe richtet sich nach ihrer Ursache. Eine gynäkologische Untersuchung sollte erfolgen, um den Grund für die Amenorrhoe zu identifizieren. Zur Prävention von Amenorrhoe sollte Stress vermieden und die ausreichende Energiezufuhr gesichert werden.
Amenorrhoe ist nicht zwangsläufig gefährlich. Sie sollte jedoch ärztlich geprüft werden, um ernsthafte körperliche Erkrankungen als Ursachen für die Amenorrhoe auszuschließen.
Ab 3 Monaten ohne erfolgte Regelblutung sprechen MedizinerInnen von sekundärer Amenorrhoe. Ist die Ursache hierfür nicht klar, sollte ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden.
Das Ausbleiben der Periode bei Hormonstörungen liegt letztendlich an einem Östrogenmangel. Dieser kann durch Störungen der Eierstöcke oder der Steuerungshormone aus dem Gehirn zustande kommen. Jedoch ist nicht jede Amenorrhoe durch Hormonstörungen verursacht.
Die Behandlung sekundärer Amenorrhoe richtet sich nach ihrer Ursache. Hilfreich sind das Vermeiden von Stress und die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung. Körperliche oder psychische Erkrankungen müssen erkannt und behandelt werden.
Mögliche Ursachen für Amenorrhoe sind Hormonstörungen, genetische Erkrankungen, Chromosomenstörungen, anatomische Fehlbildungen, Stress, Leistungssport oder Untergewicht.
Quellen
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