Seit Herbst 2019 kann die Videosprechstunde beim Arzt oder der Ärztin über die Krankenkasse abgerechnet werden. Besonders die hausärztliche Behandlung lässt sich gut in der Sprechstunde online abbilden. Die Online-Sprechstunde ist räumlich entkoppelt und eignet sich daher für alle medizinischen Beratungen, die keine körperliche Untersuchung erfordern bzw. ohne diagnostische Mittel wie z. B. Abtasten, Blut- oder Urinproben auskommen.
Die Sprechstunde online bei Hausarzt oder Hausärztin
Wichtig zu bedenken für die Videosprechstunde beim Arzt oder der Ärztin: Durch das Entfallen der körperlichen Untersuchung kann der Online-Hausarzt nicht alle Krankheitsbilder behandeln. Ihm oder ihr obliegen besondere Sorgfaltsanforderungen. Die PatientInnen müssen umfangreich über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen aufgeklärt werden. Es liegt zudem im ärztlichen Ermessen, ob eine Behandlung vor Ort empfohlen wird oder ob eine Fernbehandlung (Online-Sprechstunde) ausreicht.
- Befunderhebung
- Beratung
- Behandlung
- Dokumentation des Befunds
- Berücksichtigung der ärztlichen Schweigepflicht
- Datenschutz und Bestimmungen zur Datenverarbeitung
Krankschreibung in der Online-Sprechstunde
Seit Oktober 2020 kann die Hausärztin oder der Hausarzt online im Rahmen des Termins Krankschreibungen ausstellen.
- Ist der oder die PatientIn bei Ärztin, Arzt, Institution oder Gemeinschaftspraxis bekannt so kann eine Krankschreibung über 7 Tage erfolgen
- Ist der oder die PatientIn nicht bekannt so kann eine Krankschreibung über 5 Tage ausgestellt werden
- Folgekrankschreibungen nur bei initialer oder zwischenzeitlicher Untersuchung vor Ort
Welche Behandlungen kann der Online-Hausarzt durchführen?
Das große Plus für die Sprechstunde online beim Hausarzt oder der Hausärztin ist die kontaktfreie Behandlung. Besonders für Atemwegserkrankungen ist die Videosprechstunde gut geeignet, wie sich im Rahmen der Pandemie bewiesen hat. Außerdem ist die Diagnose leichter Infektionskrankheiten wie Grippe oder Erkältungen sehr gut online möglich.
HausärztInnen sind häufig die erste Anlaufstelle. Auch online können sie eine erste Erhebung der Beschwerden vornehmen und die Krankengeschichte des Patienten oder der Patientin dokumentieren. So können die Beschwerden erstmals eingegrenzt werden. Auch kann der Mediziner oder die Medizinerin allgemeine Informationen zu Erkrankungen oder gesundheitlichen Maßnahmen teilen.
Die Online-Sprechstunde beim Hausarzt oder bei der Hausärztin lässt sich außerdem sehr gut nutzen, um eine zweite Meinung einzuholen. Der Patient oder die Patientin hat beispielsweise eine Diagnose und einen Therapievorschlag erhalten, ist sich damit jedoch unsicher. In der Videosprechstunde kann der Hausarzt oder die Hausärztin eine weitere medizinische Meinung zum Befund geben. So können PatientInnen Ängste abbauen und die optimale Therapie-Entscheidung treffen.
Videosprechstunden beim Allgemeinmediziner oder bei der Allgemeinmedizinerin eignen sich für Verlaufskontrollen und Kontrolluntersuchungen. Voraussetzung dafür ist eine bereits gestellte Diagnose vor Ort. Die Betreuung kann per Video-Anruf weitergeführt werden z. B. nach Operationen zur Begutachtung der Wundheilung.
Die Sprechstunde online eignet sich hervorragend für die Begleitung chronisch-kranker PatientInnen bspw. bei Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht. Patienten und Patientinnen messen und dokumentieren selbstständig ihre Körperwerte, welche Arzt oder Ärztin anschließend auswerten. Generell können im Rahmen von Online-Sprechstunden Laborbefunde besprochen werden. Die Probeentnahme muss zwar vor Ort erfolgen, für die Auswertung ist jedoch kein persönliches Erscheinen notwendig.
Für PatientInnen, die gerade eine Rehabilitation hinter sich haben, werden Videosprechstunden für die ambulante Weiterbehandlung durch Hausärzte und -ärztinnen genutzt. Beispielsweise kann per Fragebogen erfasst werden, wie sich die Lebensqualität des oder der PatientIn nach der Behandlung verbessert hat.
Auch die Wirksamkeit der Betreuung von PatientInnen mit diagnostizierter Depression durch strukturierte Telefoninterviews ist nachgewiesen. Ein weiterer Vorteil ist es, dass durch Online-Sprechstunden eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von HausärztInnen und SpezialistInnen gewährleistet werden kann.
Quellen
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Befristete Sonderregelungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie. Gemeinsamer Bundesausschuss. 2021. https://www.g-ba.de/service/sonderregelungen-corona/ (zugegriffen 27. Juli 2022) | 16.08.2023: Seite nicht mehr verfügbar
G-BA weitet Möglichkeiten zur Krankschreibung per Videosprechstunde aus. Gemeinsamer Bundesausschuss. 2021. https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/999/ (zugegriffen 27. Juli 2022)
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Klinge K, Bleckwenn M: Telemedizin: Rechtlicher Rahmen, Einsatzgebiete und Limitationen. MMW Fortschr Med 2021; 163:42–9.
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Marx G, Rossaint R, Marx N: Telemedizin Grundlagen und praktische Anwendung in stationären und ambulanten Einrichtungen. 2021. Springer-Verlag GmbH Deutschland.