Es ist eine junge Frau zu sehen, die die Plank-Übung durchführt.
  1. Kann Sport bei Rückenschmerzen helfen?
  2. Wie kann man die Core-Muskulatur trainieren?
  3. Welches Vorgehen empfiehlt sich bei chronischen Rückenschmerzen?
  4. Sollte man sein Training bei Rückenschmerzen grundsätzlich pausieren?
  5. Wie schnell kann es denn gehen, dass man sich ein “Problem züchtet”?
  6. Welcher Sport eignet sich bei Rückschmerzen?
  7. Welcher Sport kann dabei helfen, akute Rückenschmerzen zu lösen?
  8. Wie sollte das Training nach strukturellen Problemen im Rücken aussehen?
  9. Welcher Sport ist schlecht für den Rücken?
Es ist eine junge Frau zu sehen, die die Plank-Übung durchführt.

Kann Sport bei Rückenschmerzen helfen?

Dr. Nicolai Rutkowski: Hier muss man unterscheiden: Handelt es sich um akute oder chronische Schmerzen? Soll der Sport therapeutisch oder präventiv angewendet werden? Bei akuten Schmerzen sollte man auf moderate Bewegung setzen. Man sollte nicht direkt ins volle Trainingsprogramm starten und auf die Zeichen des eigenen Körpers hören. Wenn Bewegung weh tut, macht es keinen Sinn, sie zu erzwingen.

In Zusammenhang mit Rückenschmerzen mache ich gern den Vergleich zu Zahnschmerzen. Bei akuten Rückenschmerzen denken viele, dass sie direkt lostrainieren sollten, da sie unter Umständen ihren Körper vernachlässigt haben. Wer Karies hat, geht davon aus nun besonders viel Zahnpflege betreiben zu müssen. Beide Vorgehensweisen gehen in die falsche Richtung. Man muss erst einmal das akute Problem beseitigen. Bei den Zähnen muss erst die Karies behandelt werden, bevor Zähneputzen und Prophylaxe etwas nutzt. Bei Rückenschmerzen ganz analog dazu: Bevor mit Sport begonnen wird, um den Rücken zu stärken, muss es mir erst einmal besser gehen.

Bei chronischen Rückenschmerzen empfiehlt sich, die Körpermitte (die Core-Muskulatur) zu trainieren. Ein starker Core ist das A und O, wenn man präventiv vorgehen möchte. Denn das Risiko für Rückenschmerzen wird deutlich minimiert, wenn ich eine gesunde und kräftige Körpermitte habe. Auch hier gilt es auf den Körper zu hören und nicht zu übertreiben.

Wie kann man die Core-Muskulatur trainieren?

Dr. Nicolai Rutkowski: Der Core ist eine Muskelgruppe und setzt sich zusammen aus den geraden und schrägen Bauchmuskeln, den Hüftbeugern, den Gesäßmuskeln sowie dem Rückenstrecker. Für eine starke Körpermitte muss man entsprechend jede einzelne Struktur trainieren. Es gibt verschiedene Übungen, die man machen kann. Ein Klassiker ist die Plank. Von dieser gibt es verschiedene Variationen. Man muss hier aufpassen, dass man nicht zu einseitig arbeitet. Ich hatte beispielsweise mal einen Patienten, der ganz stolz berichtet hat, dass er 100 Sit-ups am Stück schafft. Das ist nicht schlecht, aber er trainierte nebenher nichts anderes. Wenn ich nur Sit-ups mache, trainiere ich ausschließlich die geraden, vorderen Bauchmuskeln. Diese sind dann besonders stark und die anderen Muskeln nicht. Unter Umständen können dabei sogar Muskeln verkürzen. Auf lange Sicht wird eine solche Trainingsweise also eher Probleme machen, als dass sie dem Körper etwas Gutes tut. Man sollte also mit den Übungen sicherstellen, dass alle Muskeln trainiert werden, egal ob auf der Matte, dem Gymnastikball oder mit dem Schlingentrainer. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Aber es ist nie nur eine Übung, sondern ein Repertoire.

Welches Vorgehen empfiehlt sich bei chronischen Rückenschmerzen?

Dr. Nicolai Rutkowski: Wenn ich chronische Rückenschmerzen habe, ist es sinnvoll, in die Diagnostik zu gehen. Man unterscheidet hierbei zwischen strukturellen und funktionellen Problematiken, die die Rückenschmerzen verursachen. Strukturell bedeutet, es ist wirklich etwas kaputt: eine Bandscheibe ist gerissen oder rausgesprungen, eine Skoliose oder ein Tumor liegen vor. Funktionell bedeutet, dass die Strukturen intakt sind, aber das Zusammenspiel funktioniert nicht. Die klassischen Ursachen sind hier Fehlbelastungen, Stress, Homeoffice und Bewegungsmangel. Das Verhältnis zwischen strukturellen und funktionellen Rückenbeschwerden liegt ungefähr bei 1 zu 9. Funktionelle Beschwerden sind viel häufiger als strukturelle Beschwerden.

Sollte man sein Training bei Rückenschmerzen grundsätzlich pausieren?

Dr. Nicolai Rutkowski: Hier sollte man differenzieren: Rückenschmerz ist nicht gleich Rückenschmerz. Es gibt seichte Rückenschmerzen, aber auch einen Hexenschuss, wo sich der Patient sich kaum bewegen kann vor Schmerzen. Davon ist natürlich stark abhängig, was ich an Sport machen kann. Auch der Trainingszustand muss dabei berücksichtigt werden. Prinzipiell ist zu sagen: Beim akuten Schmerz sollte dieser erst einmal abklingen, bevor man überhaupt an sportliche Aktivität denkt. Das heißt allerdings nicht, dass man sich nicht bewegen soll. Der Tenor vor etwa 20 Jahren bei Rückenschmerzen war: Leg’ dich mal ins Bett und mach’ gar nichts. Davon sind wir mittlerweile weit von abgekommen. Mein Kredo ist, dass man möglichst schnell wieder in natürliche Bewegungsmuster reinkommen sollte. Wenn man andauernd in einer Schonhaltung ist oder liegt, kann man sich eher ein Problem züchten, als eines wiedergutzumachen.

Wie schnell kann es denn gehen, dass man sich ein “Problem züchtet”?

Dr. Nicolai Rutkowski: Das kann man nicht pauschal beantworten. Es ist von mehreren Faktoren abhängig: Was ist die Grundkrankheit? Wie ist mein Trainingszustand? Wie intensiv sind die Schmerzen? Hier gibt es verschiedene Meinungen. Nach meiner Ansicht sollte man, wenn jemand in einer Schmerzschonhaltung ist, möglichst offensiv in der Therapie herangehen. Gemeint sind hier Schmerzmittel, unterstützendes Tape, Wärme, Physiotherapie, in schweren Fällen auch eine Spritze. So soll gewährleistet werden, möglichst schnell aus dem unnatürlichen Bewegungsmuster herauszukommen. Das kann bereits nach wenigen Tagen passieren. Wenn sich jemand jedoch mehrere Wochen nicht oder unnatürlich bewegt, kann es mehrere Wochen und Monate dauern, wieder zur natürlichen Bewegungsweise zurückzukehren.

Welcher Sport eignet sich bei Rückschmerzen?

Dr. Nicolai Rutkowski: Präventiv und zum Teil auch bei Rückenschmerzen eignen sich alle Sportarten, die den Rücken nicht zu stark belasten: Nordic Walking, Schwimmen, Rudern, Yoga, Klettern, Radfahren, leichtes Krafttraining. Beim Krafttraining sollte man nicht mit hohen Gewichten, sondern mit dem eigenen Körpergewicht arbeiten – auf der Matte oder mit dem Gymnastikball.

Welcher Sport kann dabei helfen, akute Rückenschmerzen zu lösen?

Dr. Nicolai Rutkowski: Hier geht es eher in den seichteren Bereich, Richtung Yoga. Man kann hier mit einer Faszienrolle und leichten Massagen unterstützen. Wärme im Vorfeld kann sinnvoll sein, in Form von Wärmepflaster, Wärmflasche oder Sauna. So wird die Muskulatur etwas aufgelockert. Auch hier gilt ganz genau auf den Körper zu hören. Wenn man merkt Bewegung ist unangenehm oder tut weh, macht es wenig Sinn die Übung durchzuführen. Wenn man merkt, dass die Bewegung guttut, kann man diese langsam steigern.

Wie sollte das Training nach strukturellen Problemen im Rücken aussehen?

Dr. Nicolai Rutkowski: Im Grunde unterscheidet sich die Therapie nicht groß von den funktionellen Beschwerden. Auch hier ist es wichtig, die Core-Muskulatur zu stärken. Es sollte ein Muskelkorsett geschaffen werden, welches der erkrankten Struktur, zum Beispiel einer Bandscheibe, Entlastung bietet. Ein Bandscheibenvorfall heilt prinzipiell aus, jedoch hat die Bandscheibe nicht mehr die Funktion, die sie zuvor hatte. Sie ist gestört, vermutlich ein Leben lang. Über eine trainierte Muskulatur kann man das jedoch gut kompensieren.

Welcher Sport ist schlecht für den Rücken?

Dr. Nicolai Rutkowski: Hier ist das Stichwort: stauchende Sportarten. Also alles, was mit Sprung und Würfen zu tun hat. Außerdem kritisch sind einseitige Belastung, zu hohe Gewichte, rotierende Sportarten (starkes Verdrehen des Oberkörpers) und Überstreckung. Das heißt allerdings nicht, dass Sie diese Sportarten komplett meiden müssen. Ein Beispiel: Ich spiele gern Tennis. Ist das gut für meinen Rücken? Wenn man es genau nimmt: Nein. Man kann jedoch eine Sportart, die einem Spaß macht, kombinieren. Sprich, ich spiele Tennis und mache zuvor ein Warm-up oder hinterher ein Cool-down, bei dem ich Übungen für Bauch und Rücken einbaue. Auch hier gilt: Wenn eine gute Muskulatur aufgebaut ist, verträgt man das Tennisspielen besser.

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