Laura Götz ist Fachärztin für Gynäkologie und wurde im Jahr 2020 für die telemedizinische Beratung von etwa 10.000 rumänischen Frauen mit dem German Medical Award in der Kategorie Charity ausgezeichnet. Im folgenden Interview teilt Sie Ihre Einschätzungen über natürliche und hormonfreie Verhütung mit uns.
Welche Arten von hormonfreier Verhütung gibt es und was sind die sichersten Methoden?
Dr. Laura Götz: Wenn wir über Verhütung reden, sprechen wir über Anti-Konzeption. Um schwanger zu werden, braucht es eine Eizelle und Spermien. Daraus resultiert, wenn die Frau Sex hat und der Eisprung gerade nicht stattfindet, gibt es keine Chance schwanger zu werden. Hier setzen natürliche Verhütungsmethoden an. Es gibt die sehr bekannte Kalendermethode. Jedoch wird diese häufiger eingesetzt, um schwanger zu werden. Um nicht schwanger zu werden, ist die Methodik weniger vertrauenswürdig.
Ich würde die Sicherheit der Kalendermethode bei etwa 70 Prozent einstufen. Da allerdings viele Frauen unregelmäßige Zyklen haben – durch Stress, Gewichtsverlust bzw. Gewichtszunahme oder Sport – wissen sie oft nicht, wann sie ihre fertilen Tage haben. Oft sogar, wenn zur Hilfe eine App genutzt wird. Daher raten viele Gynäkologinnen und Gynäkologen von der Kalendermethode ab, wenn man sicher verhüten möchte.
Außerdem gibt es die Temperaturmethode. Wenn die Basaltemperatur 0,5 bis 1 °C höher ist, bin ich fertil. Zu diesem Zeitpunkt sollte man keinen Geschlechtsverkehr haben, wenn man nicht schwanger werden möchte. Die Temperatur kann jedoch verfälscht werden, durch beginnende Infekte, hohe Außentemperatur, langes Sitzen, oder Sport.
Zudem kann der vaginale Schleim untersucht werden. Aber auch diese Methode ist eher unzuverlässig. Der Schleim wird durch äußere Faktoren beeinflusst. Beispielsweise war ich gerade in der Sauna, schwimmen, hatte Geschlechtsverkehr, habe eine Infektion – das alles wirkt sich auf den Vaginalschleim aus.
Man kann die Verhütungssicherheit erhöhen, wenn man alle drei Methoden miteinander kombiniert. Allerdings kommt man bei Weitem nicht an die Sicherheit der Antibabypille heran. Es gibt auch viele Frauen, die diese Methoden ihr Leben lang erfolgreich nutzen.
Eine sichere, hormonfreie Methode ist die Kupferspirale. Es gibt jedoch einige Patientinnen, denen ich die Kupferspirale nicht empfehlen würde. Besonders bei sehr jungen Frauen im Alter von 15 oder 16 Jahren ist der Zyklus noch in der Entwicklung und oft noch sehr unregelmäßig. Hier kann es bei einer Kupferspirale zu starken Blutungen und intensiven Periodenschmerzen kommen. Eine andere eher schwierige Gruppe sind Frauen über 30, die schon entbunden haben. Auch hier kann es zu vermehrten Blutungen oder zum Verrutschen der Spirale kommen. Für Frauen zwischen 20 und 30, die kein Kind entbunden haben, eignet sich diese Methode meist sehr gut.
Was wäre denn eine gute Methode für die jungen Frauen?
Dr. Laura Götz: Hier bietet sich in den meisten Fällen die Antibabypille an. Es gibt mittlerweile deutlich bessere Pillen als in den 60er und 70er Jahren. Die waren hochdosiert, mit künstlichen, tierischen Hormonen versetzt, hatten zahlreiche, zum Teil krebsassoziierte Nebenwirkungen. Die neuen Antibabypillen haben deutlich weniger Nebenwirkungen und die meisten meiner Patientinnen kommen damit sehr gut zurecht. Ich frage meine Patientinnen nach ihrer Familiengeschichte, um das Risiko einer Thrombose oder hormoninduzierter Krebsarten abzuschätzen, bevor ich eine Antibabypille verschreibe. Man sollte schauen, was für die Patientin am besten funktioniert. Die Vorsorgeuntersuchung sollte man stets nutzen, um über eventuelle Beschwerden zu sprechen. So erkennt man recht schnell, ob sich die Pille eignet, ob man wechseln sollte oder ob sich eine andere Methode anbietet.
Sehen Sie hinsichtlich der gewählten Verhütungsmittel eine Entwicklung?
Dr. Laura Götz: Ja, ich sehe, dass mehr und mehr Patientinnen nach hormonfreier Verhütung fragen. Viele möchten generell weg von Medikamenten und Chemie. Ich werde auch nach pflanzlichen Mitteln gefragt. Die pflanzlichen Hormone können Einfluss auf den Zyklus haben. Allerdings verhindern sie den Eisprung nicht, sondern steigern eher die Chance einer Schwangerschaft. Der Anteil der Kupferspirale als Verhütungsmethode im Vergleich zur Antibabypille ist angestiegen. Ich empfehle auch immer öfter die Hormonspirale. Die Hormone arbeiten hier vor allem in der Gebärmutter und in den Eierstöcken. Sehr wenige der Hormone gehen ins Blut über und treten in den Körper ein, anders als bei der Pille.
Worauf muss ich achten, wenn ich von der Antibabypille zur Spirale oder zur natürlichen Verhütung wechseln möchte?
Dr. Laura Götz: Unsere hormonelle Balance ist sehr empfindlich. Man sollte in jedem Fall über mehrere Monate mit Zyklusunregelmäßigkeiten rechnen. Das kann auch durchaus länger dauern.