Viagra ist sprichwörtlich in aller Munde. Seit der Erstzulassung im Jahr 1998 hat sich in der pharmazeutischen Entwicklung und in der Gesellschaft viel getan. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland bis zu 6 Millionen Männer unter Erektionsstörungen (Erektile Dysfunktion), oftmals bedingt durch psychogene oder körperliche Ursachen, welche mit einer verminderten Lebensqualität einhergehen können. Wir wollen am Welt-Viagra-Tag dazu beitragen, die “Pornflakes” aus der Schmuddelecke in den Medikamentenschrank zu befördern.
Fakt 1: Das erste chemische Potenzmittel wurde durch Zufall entdeckt
Eigentlich wollten die Chemiker im Jahre 1989 ein Mittel gegen Herzbeschwerden und Bluthochdruck finden. In einer Studie konnte diese Wirkung nicht nachgewiesen werden – jedoch kam es zu interessanten Nebenwirkungen: Sehr viele der männlichen Probanden bemerkten, dass sie härtere und länger andauernde Erektionen bekamen. Mitte der 90er Jahre wurden Studien mit dem Fokus auf Erektile Dysfunktion durchgeführt. Unter dem Markennamen Viagra kam der Wirkstoff 1998 als erstes rezeptpflichtiges Potenzmittel auf den Markt.
Fakt 2: Generika und neue Wirkstoffe sorgen für Preissturz
Generika sind Medikamente, die einen bereits bekannten und zugelassenen Wirkstoff enthalten. Sie kommen nach Ablauf des Patentes der Originalmedikamente auf den Markt. Der eigentliche Wirkstoff in Viagra heißt Sildenafil. Nachdem das Patent in Deutschland im Jahre 2013 auslief, kamen zahlreiche Generika auf den Markt.
Auch wurden weitere Wirkstoffe gegen Erektile Dysfunktion entwickelt. Die allermeisten Medikamente gehören zu der Gruppe der Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) mit diesen Wirkstoffen:
Sildenafil (z. B. Viagra): ca. eine Stunde vor der sexuellen Aktivität einzunehmen, wirkt für etwa 4 Stunden, bis zu 80 Prozent Effektivität
Tadalafil (z. B. Cialis): mindestens 30 Minuten vor sexueller Aktivität einzunehmen, wirkt für etwa 24 bis 36 Stunden, bis zu 80 Prozent Effektivität
Vardenafil (z. B. Levitra): ca. 25 bis 60 Minuten vor der sexuellen Aktivität einzunehmen, wirkt für etwa 4 Stunden, bis zu 80 Prozent Effektivität
Avanafil (z. B. Spedra): ca. 15 bis 30 Minuten vor der sexuellen Aktivität einzunehmen, wirkt für etwa 6 Stunden, bis zu 59 Prozent Effektivität
Fakt 3: Steigerung der Standfestigkeit von Schnittblumen
WissenschaftlerInnen sind neugierig, deshalb gibt es zu vielen Themen Studien, bei denen man sie nicht vermuten würde – so auch zum Einfluss von Viagra auf die Haltbarkeit von Schnittblumen. Der Wirkstoff Sildenafil unterdrückt den Abbau von cyclischem Guanosinmonophosphat (cGMP) und kann somit die Lebensspanne der Schnittblumen verdoppeln. Auch wenn die Preise mittlerweile so weit gesunken sind, dass sich diese Methode rentieren würde, steht dem noch immer die Verschreibungspflicht im Wege.
Fakt 4: Potenzmittel wirken nicht stimulierend
Medikamente zur Potenzsteigerung wirken nicht sexuell stimulierend. Sie unterstützen lediglich eine Erektion nach bereits entstandener sexueller Erregung, etwa durch äußere oder gedankliche Reize. Man kann also nicht einfach eine Tablette einnehmen und direkt eine Erektion erwarten, ohne dass noch ein sexueller Stimulus hinzukommt.
"Der sexuelle Reiz ist ein nervlicher Reiz, der durch eine visuelle oder gedankliche Stimulation im Gehirn entstehen kann, während Potenzmittel lediglich eine Wirkung auf die Durchblutung des Penisorgans haben. Die Erektion wird erst durch den nervlichen Reiz ausgelöst.”
Zur Erhöhung der Libido gibt es einige natürliche Aphrodisiaka:
Chili: Durch den Verzehr scharfer Lebensmittel werden im Körper Opiate ausgeschüttet, welche die Durchblutung der Schleimhäute anregen.
Schokolade/Kakao: Hier stehen nicht die Inhaltsstoffe im Vordergrund, sondern die Glückshormone, die durch den Verzehr ausgeschüttet werden und eine stimulierende Wirkung haben.
Zimt: Zimt soll die Pheromonproduktion anregen und wurde schon in der Antike verwendet um Fruchtbarkeit, Potenz und Libido zu erhöhen.
Austern: Die Muscheln sind wie gemacht für eine lange Liebesnacht, da die Inhaltsstoffe sowohl stimulieren als auch die Ausdauer fördern.
Maca: Die Wurzel enthält Steroide, welche dem Testosteron sehr ähnlich sind, gilt in der Naturheilkunde als stärkstes Aphrodisiakum und soll auch potenzsteigernd wirken.
Fakt 5: Viagra hilft (indirekt) gefährdeten Tierarten
In der traditionellen chinesischen Medizin gibt es etliche vermeintliche Potenzmittel, von denen einige aus gefährdeten Tierarten hergestellt wurden und werden. Die Zulassung von erektionsfördernden Potenzmitteln hat die Nachfrage nach Tigerknochen, Robbenpenissen und Nashornhörnern signifikant sinken lassen.
Fakt 6: Pillen gegen Erektionsstörungen sind die mit Abstand am häufigsten gefälschten Medikamente
Gerade bei Potenzmitteln muss man auf Internetseiten aus dem Ausland sehr vorsichtig sein. Was aussieht wie ein Schnäppchen, ist in den meisten Fällen ein Plagiat. Medikamente gegen erektile Dysfunktion sind in Deutschland aus guten Gründen, dazu gehören auch die Neben- und Wechselwirkungen, rezeptpflichtig. Wer also ohne gültiges Rezept ein solches Medikament kaufen könnte, sollte hellhörig werden. Nicht nur, dass oft gar kein Wirkstoff enthalten und die Investition somit eine Geldverschwendung ist. Viel fataler ist es, wenn schädliche Stoffe enthalten sind.
Laut dem Hersteller Pfizer wurden u. a. diese Inhaltsstoffe in gefälschten Viagra-Tabletten gefunden:
Blaue Druckertinte
Amphetamine (bekannt als Droge unter dem Namen “Speed”)
Metronidazol (ein starkes Breitbandantibiotikum mit vielen Nebenwirkungen)
Zu viel oder zu wenig Wirkstoff
Bindemittel wie Rigips
Achtung: Verschreibungspflichtige Potenzmittel sind Medikamente und können Nebenwirkungen haben. Ein ausführliches Gespräch mit einem Arzt oder Ärztin ist wichtig, um medizinische Fragen abzuklären und ein Rezept zu erhalten, mit welchem sich legale Potenzmittel erwerben lassen.
"Man sollte die Wirkung dieser Wirkstoffe nicht unterschätzen. Er wurde ja ursprünglich für Herzprobleme entwickelt, also sollte man sich auf jeden Fall vorher von einem Arzt oder einer Ärztin untersuchen lassen. Auch kann es zu Unverträglichkeiten, Allergien und sogar Wechselwirkungen kommen. Deshalb, wenn möglich, immer die geringste Dosis einnehmen, die schon eine Wirkung hervorruft! Wie schon Paracelsus sagte: Die Dosis macht das Gift.”
Quellen
Aphrodisierende Lebensmittel sorgen für Stimmung. EAT SMARTER. 2018. https://eatsmarter.de/ernaehrung/news/aphrodisierende-lebensmittel (zugegriffen 25. Juli 2022)
Avoid Counterfeits | VIAGRA® (sildenafil citrate) | Safety Info. VIAGRA. https://www.viagra.com/avoid-counterfeits (zugegriffen 25. Juli 2022)
Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN): S1 Leitlinie „Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion“ Langfassung. AWMF-Register Nr. 030-112. 2018.
Erektionsstörungen treten häufiger auf als „Mann“ vermutet. ratiopharm. https://www.ratiopharm.de/ratgeber/erektile-dysfunktion/haeufigkeit.html (zugegriffen 25. Juli 2022)
Siegel-Itzkovich J: Viagra makes flowers stand up straight. BMJ 1999; 319: 274.