Was passiert in den ersten Schwangerschaftswochen mit dem Körper?
Dr. Laura Götz: Der Körper muss sich in der Schwangerschaft umstellen. Um es besser zu verstehen, erkläre ich es den Patientinnen oft als kleinen Parasiten. Natürlich ist das nicht wirklich so gemeint, aber es hilft dabei nachzuvollziehen, warum der Körper sich so verändert. Der Körper adaptiert sich an den Embryo und versucht gleichzeitig sich zu wehren. Warum funktioniert der Vergleich für viele Patientinnen? Weil es bedeutet, egal wie sehr die Mutter unter “der Besiedlung” leidet, dem Baby geht es gut. Der Embryo bezieht die Nährstoffe, Vitamine, Energie und so weiter von der Mutter. Wenn Patientinnen also sowieso schon Nährstoffmängel haben, braucht der Embryo diese weiter auf, bis nichts mehr da ist. Daher kann es bei Schwangeren zu Karies kommen, weil der Calciumspeicher so weit aufgebraucht wurde. Durch die Einnistung treten verschiedenste Symptome auf, die die Mutter belasten können. Viele Schwangere nehmen diese häufig jedoch weniger schlimm wahr, wenn sie wissen, dass es dem Baby gut geht.
Die Patientinnen beschweren sich oft über Übelkeit. Die Hormone, die es braucht, um die Schwangerschaft zu erhalten, verlangsamen die Funktion unseres Magen-Darm-Traktes. Das heißt, wir können nicht mehr so gut verdauen. Die Schließmuskeln, welche sich am Eingang und Ausgang des Magens befinden, schaffen es nicht mehr so schnell sich zu regulieren. Daher kommt es oft zu Übelkeit, Erbrechen und Sodbrennen. Ein weiteres häufiges Symptom sind Verstopfungen. Das Hormon, das dafür verantwortlich ist, ist Progesteron. Es verlangsamt auch unser Gehirn. Deshalb kommt es während der Schwangerschaft oft zu Konzentrationsschwäche und Müdigkeit. Patientinnen, die daran leiden, sollten sich häufiger Ruhepausen gönnen und sich nicht schlecht fühlen, weil sie nicht mehr so viel Energie haben. Viele kämpfen mit sich, weil sie auch während der Schwangerschaft arbeiten und belastbar sein möchten. Die ersten Schwangerschaftswochen bringen für viele Patientinnen auch eine emotionale Veränderung mit sich. Einige sind schneller reizbar und nah am Wasser gebaut.
Viele Schwangere haben Kreislaufprobleme. In der Schwangerschaft braucht der Körper zum Aufbau der Gebärmutter und der Versorgung des Embryos viel Blut. Unser Gefäßsystem ist jedoch nicht an so eine große Menge Blut gewöhnt. Daher neigt der Körper zu Hypotonie, also niedrigem Blutdruck. Die Schwäche in Kombination mit den Kreislaufproblemen kann sogar zu Ohnmachtsanfällen führen.
Zwei Symptome, die von Patientinnen oft als alarmierend wahrgenommen werden, sind Bauchschmerzen und Blutungen. Veränderungen wie Übelkeit sind häufig bekannt und werden nicht als gefährlich eingestuft. Unterbauchschmerzen und Blutungen hingegen werden oft mit Fehlgeburten assoziiert. Aber auch diese Beschwerden sind normal, weil die Gebärmutter wächst. Durch das Wachstum kann ein Ziehen an den Gebärmutterbändern zu spüren sein, das als Bauchschmerzen empfunden wird. Auch Blutungen sind in diesem Zusammenhang normal. Insofern die Beschwerden nicht sehr stark werden, sind auch diese Symptome nicht besorgniserregend.
Was kann man gegen die Symptome der Schwangerschaft tun?
Dr. Laura Götz: Die meisten Patientinnen kommen mit ihren Beschwerden besser zurecht, sobald sie eine Erklärung dafür haben. Sobald sie wissen, warum sie sich so fühlen, brauchen sie kein Medikament oder eine Behandlung.
Man sollte den Kreislauf ankurbeln, das bedeutet viel trinken, Wechselduschen, vielleicht auch mal einen Kaffee trinken. Bei Hitze sollte man sich vorsichtig verhalten, bei Schwächegefühl vielleicht auch mal komplett vermeiden, rauszugehen. Schwangere sollten sich schonend ernähren und Lebensmittel meiden, die Übelkeit verursachen. Für viele funktionieren auch die Hausmittel von Oma gegen Übelkeit, wie Zitrone oder kalte Milch. Wer häufig Sodbrennen hat, sollte etwas erhöht mit einem Kissen schlafen.
In einigen Fällen sind die Symptome jedoch so extrem, dass sich die Patientinnen kaum aus dem Bett bewegen können. Hier muss man auch mal Medikamente einsetzen. Bei Übelkeit greifen viele auf Vomex zurück. Aber auch damit ist meist keine hundertprozentige Besserung möglich. In solchen Fällen sollten sich die Betroffenen nicht davor scheuen, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu holen. Wer starke Symptome in der Schwangerschaft hat, ist enormem Stress ausgesetzt. Mein Rat an Schwangere ist hier: Man muss mit diesen Symptomen wirklich nicht arbeiten. Vielen fällt das schwer. Aber wenn der Körper “Nein” sagt, sollte man das mit Selbstliebe akzeptieren und sich eine Pause gönnen.
Damit man ausreichend Energie hat und Nährstoffmängeln entgegenwirkt, sollte man Vitamine nehmen. Bei Kinderwunsch sollte man am besten schon Folsäure und Jod einnehmen. Jod ist wichtig für die Entwicklung des Kindes, des Gehirns, der Schilddrüse. Die Schilddrüse der Mutter ist in der Schwangerschaft besonders gefordert, da sie für das Wachstum verantwortlich ist. Die Bestimmung der Schilddrüsenhormone gehört daher zu den Standardtestverfahren während der Schwangerschaft. Bei Mangel an Schilddrüsenhormonen tritt gehäuft Müdigkeit auf. Es kann auch empfehlenswert sein ein Multivitamin bzw. Multimineralien einzunehmen. Ein wichtiges Mineral ist meiner Meinung nach Calcium. Wir brauchen es für unsere Muskeln, Gefäße, Zähne und Knochen. Allerdings muss man dieses nicht täglich einnehmen, sondern eher jeden zweiten oder dritten Tag. Ein weiteres wichtiges Mineral ist Magnesium. Die Muskeln in der Gebärmutter sind in der Schwangerschaft sehr aktiv. Magnesium hilft gegen Krämpfe und Schmerzen.
Worauf sollte man im ersten Trimester besonders achten?
Dr. Laura Götz: Das erste Trimester beschreibt das erste Schwangerschaftsdrittel, also die 1. bis 12. Schwangerschaftswoche. Beginnen wir mal mit dem Essen. Patientinnen wird empfohlen rohe Produkte zu vermeiden, da sie kontaminiert sein können. In Deutschland passiert es relativ selten, dass Lebensmittel mit Erregern kontaminiert sind, die zu schweren Infektionen führen. Ich empfehle meistens trotzdem auf Salami und rohen Käse, wie Camembert, in der Schwangerschaft zu verzichten. Am besten sollte man beim Einkauf darauf achten, Produkte zu kaufen, die pasteurisiert sind. Auch Genussmittel wie Zigaretten, Alkohol und Drogen sollte man meiden. Diese werden die Schwangerschaft in jedem Fall negativ beeinflussen. Wenn Patientinnen es nicht schaffen, sich vom Rauchen zu entwöhnen, sollten sie es zumindest weitestgehend reduzieren. Es gibt diesen Mythos, wenn sie in der Schwangerschaft aufhören zu rauchen, spürt das Kind den Entzug. Die Wahrheit ist, je weniger Zigaretten, desto besser für das Kind. Das Kind wird nur Entzugserscheinungen haben, wenn bis zu der Geburt geraucht wird und es mit der Geburt kein Nikotin mehr bekommt.
Mit Blick auf Sport gibt es keine Tätigkeit, die grundsätzlich verboten ist. Hier sollte man auf den eigenen Körper hören. Wer müde ist oder Bauchschmerzen hat, sollte sich schonen und vielleicht nicht ins Fitnessstudio gehen. Leichte Übungen oder Yoga sollten in fast jedem Fall möglich sein. Wo wir einmal bei Bewegung sind: Sex während der Schwangerschaft ist nicht verboten. Auch hier gilt: Schauen was einem gut tut und bei Beschwerden ausruhen.