Eine Frau sitzt auf dem Sofa und sieht beunruhigt aus. Sie hält ein Glas Wasser und eine Tablette in den Händen.
  1. Was ist Ritalin?
  2. Gibt es Ritalin rezeptfrei?
  3. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung
  4. Narkolepsie
  5. Wie wirkt Ritalin?
  6. Hat Ritalin Nebenwirkungen?
Eine Frau sitzt auf dem Sofa und sieht beunruhigt aus. Sie hält ein Glas Wasser und eine Tablette in den Händen.

Ritalin ist der Markenname eines von Infectopharm (bis 2022 durch Novartis Pharma) vertriebenen Medikamentes. Der enthaltene Wirkstoff heißt Methylphenidat.

Ritalin enthält den Wirkstoff Methylphenidat, der stimulierend wirkt. Methylphenidat ist ein Amphetaminderivat und findet in der medikamentösen Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und bei Narkolepsie Anwendung.

Auf einen Blick
  • Ritalin wirkt als Stimulanz überwiegend erregend auf die Psyche.
  • Es steigert vorübergehend Leistungsfähigkeit sowie Antrieb und fördert Wachheit.
  • Ritalin ist zugelassen zur Behandlung von ADHS und Narkolepsie.
  • ADHS ist gekennzeichnet durch Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizit und Impulsivität.
  • Narkolepsie ist eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus

Was ist Ritalin?

Ritalin ist ein Medikament, das den Wirkstoff Methylphenidat enthält. Es zählt zu den Stimulantien, welche eine größtenteils erregende Wirkung auf die Psyche haben. Wie der Name bereits andeutet, stimulieren sie den Antrieb, die Wahrnehmungs- und Denkleistungen und reduzieren Müdigkeit. Neben Methylphenidat fallen auch Amphetamin und Koffein in die Kategorie der Stimulantien. Methylphenidat ist ein Derivat von Amphetamin und ist zur Behandlung derAufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und von Narkolepsie zugelassen.

Gibt es Ritalin rezeptfrei?

Methylphenidat unterliegt in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Es ist verschreibungspflichtig und benötigt spezielle Rezepte, sogenannte Betäubungsmittel-Rezepte.

Methylphenidat ist zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und der Narkolepsie zugelassen. Das Verschreiben von Ritalin setzt eine entsprechende Diagnose voraus und ist nur durch einen Arzt bzw. eine Ärztin möglich. Ohne Rezept ist der Erwerb des Wirkstoffs Methylphenidat nicht legal möglich und es wird dringend davon abgeraten, zu versuchen, es auf anderen Wegen zu erhalten. Die unsachgemäße und nicht indizierte Einnahme von Methylphenidat kann gesundheitsschädlich sein. Des Weiteren ist die Qualität nicht kontrollierter Wirkstoffe nicht gesichert.

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) hat viele verschiedene Bezeichnungen uns Ausprägungen. Unter anderem ist diese Erkrankung auch als Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) oder Hyperkinetische Störung (HKS) bekannt.

ADHS ist eine der häufigsten psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter, wobei Jungen häufiger betroffen sind. Sowohl genetische (familiäre Häufung) als auch Umweltfaktoren (z. B. traumatische Erlebnisse) sind an der Entstehung des Syndroms beteiligt. ADHS zeichnet sich vor allem durch folgende Symptome aus:

  • Hyperaktivität, gekennzeichnet z. B. durch Bewegungsdrang, Sitzen und Ruhen ist schwierig, unnötig laut sein beim Spielen

  • Aufmerksamkeitsdefizit, gekennzeichnet z. B. durch leichte Ablenkbarkeit, Unaufmerksamkeit gegenüber Details, oft Vergesslichkeit im Verlauf der alltäglichen Aktivitäten

  • Impulsivität, gekennzeichnet z. B. durch vorschnelles, nicht durchdachtes Handeln, häufiges Unterbrechen anderer, zurückhaltendes Verhalten nicht möglich

Diese Symptome bestehen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten und beeinträchtigen mehr als einen Lebensbereich (soziales Umfeld, Schule/Arbeit, Familie).

Die Behandlung des ADHS ist multimodal und richtet sich nach der individuellen Symptomatik, den Fähigkeiten und dem Wunsch der Betroffenen. Dabei können neben psychosozialen Maßnahmen (soziale, psychische und psychotherapeutische Interventionen), pädagogischen Maßnahmen und Psychoedukation (Aufklärung und Beratung der Betroffenen und der Bezugspersonen) auch Medikamente, darunter Methylphenidat, zum Einsatz kommen. Eine medikamentöse Komponente der Therapie ist zusätzlich zu den oben genannten Ansätzen ab einem mittleren Schweregrad des ADHS und einem Alter von sechs Jahren empfohlen.

Ein Mann hat zu viele Gedanken und ist gestresst.

Narkolepsie

Die Narkolepsie ist eine Erkrankung, die mit zwanghaften Schlafanfällen während des Tages einhergeht. Diese Schlaf-Wach-Störung tritt meist zum ersten Mal zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf und zeichnet sich unter anderem durch Tagesschläfrigkeit, plötzlichen Verlust der Muskelspannung bei vollem Bewusstsein und Schlaflähmungen aus. Mehr zu Narkolepsie und der Behandlung können Sie hier nachlesen.

Wie wirkt Ritalin?

Synapsen sind Umschaltstellen zwischen zwei Nervenzellen oder einer Nervenzelle und einem Zielorgan. Sie dienen der Signalübertragung. Synapsen bestehen aus einer Präsynapse und einer Postsynapse, zwischen denen sich der sogenannte synaptische Spalt befindet. Bestimmte Botenstoffe, auch Neurotransmitter genannt, werden aus der Präsynapse in den synaptischen Spalt ausgeschüttet und wirken dann an der Postsynapse. Um die Signalübertragung zu beenden, werden diese Transmitter über verschiedene Mechanismen aus dem synaptischen Spalt entfernt.

Amphetaminderivate wirken überwiegend auf die Botenstoffe Noradrenalin und Dopamin. Einerseits bewirken sie die vermehrte Ausschüttung dieser Stoffe, andererseits hemmen sie den Rücktransport aus dem synaptischen Spalt, sodass sie insgesamt die Konzentration erhöhen. Methylphenidat hemmt dabei nur die Transporter von Noradrenalin und Dopamin und fördert nicht die vermehrte Freisetzung.

Schematische Darstellung der Wirkweise von Methylphenidat, welches in Ritalin enthalten ist.

Wirkungsweise von Methylphenidat

Methylphenidat hat mehrere Wirkungen. Welche davon erwünscht sind, kommt auf die Indikation an, z. B. kann die Unterdrückung von Schlaf in der Behandlung der Narkolepsie erwünscht und bei ADHS unerwünscht sein. Methylphenidat bewirkt unter anderem:

  • Euphorie (wirkt über Dopaminerhöhung)

  • Stimulierende, antriebssteigernde Wirkung (über Noradrenalinerhöhung)

  • Vorübergehende Leistungssteigerung

  • Zunahme des Wachzustandes durch Unterdrückung von Schlaf und Müdigkeit

  • Reduziertes Schmerzempfinden

Hat Ritalin Nebenwirkungen?

Wie jedes Medikament kann Methylphenidat Nebenwirkungen auslösen. Zu den sehr häufigen (betreffen mehr als 1 von 10 Behandelten) und häufigen (betreffen 1 bis 10 Behandelte von 100) zählen unter anderem:

  • Appetitverlust (häufiger bei Erwachsenen als bei Kindern und Jugendlichen)

  • Anorexie, mäßige Verminderung der Gewichtszunahme und des Längenwachstums bei längerer Anwendung bei Kindern

  • Nervosität

  • Abnormes Verhalten, Aggressivität, Stimmungsschwankungen, Ängstlichkeit, Depression, Reizbarkeit, Ruhelosigkeit

  • Konzentrationsmangel und Geräuschempfindlichkeit (bei Erwachsenen mit Narkolepsie)

  • Kopfschmerzen

  • Schwindelgefühl

  • Herzstolpern, Arrhythmien, Bluthochdruck

Ritalin und Abhängigkeit

Amphetamin und seine Derivate inklusive Methylphenidat werden aufgrund ihrer Rauschwirkung auch außerhalb ihrer Zulassung im Sinne einer Droge konsumiert. Amphetamin wird umgangssprachlich auch als “Speed” bezeichnet. Unter jungen Erwachsenen wird missbräuchlich Ritalin zum Lernen verwendet, da Konzentration und Leistungsfähigkeit gesteigert werden. Es kommt je nach Einnahmeart (oral, intravenös, intranasal) innerhalb von Sekunden bis zu einer halben Stunde zu Wirkungen, die nun nicht wie bei ADHS und Narkolepsie therapeutisch, sondern missbräuchlich genutzt werden.

Missbräuchlich genutzte Wirkungen von Ritalin umfassen zum Beispiel:

  • Euphorie

  • Erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration

  • Gesteigertes Selbstbewusstsein und Wohlbefinden

  • Verminderter Appetit

  • Libidosteigerung

Auch Nebenwirkungen treten beim missbräuchlichen Konsum von Ritalin auf und umfassen zum Beispiel:

  • Übelkeit und Erbrechen

  • Typ-C-Gastritis (Entzündung der Magenschleimhaut)

  • Bei hohen Dosen Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt mit möglicher Todesfolge

  • Lebensbedrohliche Temperaturerhöhung

  • Krampfanfälle

Bei regelmäßiger Zufuhr entwickelt sich eine deutliche Toleranz und ein Entzug kann auch mit Symptomen wie Verlangen (“Craving”), Angst, missmutigen Verstimmungen, Krämpfen und Heißhunger einhergehen.

Wann kein Ritalin nehmen?

Methylphenidat sollte nicht angewendet werden, wenn ein Grüner Star, ein Phäochromozytom (Adrenalin produzierender Tumor) oder eine Schilddrüsenüberfunktion vorliegen oder eine Behandlung mit sogenannten MAO-Hemmern aktuell oder in den letzten 14 Tagen stattgefunden hat.

Auch Grunderkrankungen des Herz-Kreislaufsystems (z. B. schwerer Bluthochdruck, Angina pectoris, Herzinsuffizienz) und des zerebrovaskulären Systems (z. B. Aussackungen der Gefäßwand im Bereich des Gehirns, Schlaganfall) stellen eine Gegenanzeige zur Einnahme von Methylphenidat dar.

Bei psychischen Erkrankungen wie z. B. einer schweren Depression, anorektischen Essstörungen und Suizidneigung sollte ebenfalls von der Einnahme von Methylphenidat abgesehen werden.

Bei Kindern unter 6 Jahren und älteren Menschen sollte Methylphenidat ebenso wie in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden.

Die Verschreibung von Ritalin bei Kindern und Jugendlichen ging im Zeitraum von 2011 bis 2018 um fast 40 Prozent zurück. Allerdings verdoppelte sich in etwa dem gleichen Zeitraum die Anzahl junger Erwachsener die eine entsprechende Therapie erhielten.

Quellen

  • Bönisch H, Schlicker E, Göthert M, Maier W: Kapitel 14 - Psychopharmaka – Pharmakotherapie psychischer Erkrankungen. In: Aktories K, Förstermann U, Hofmann F, Starke K (Hrsg.): Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie (Elfte Ausgabe) Munich: Urban & Fischer 2013; 293–327.

  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (DGKJP): S3-Leitlinie „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“. Langfassung. AWMF-Register Nr. 028-045. 2017.

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN): S1-Leitlinie „Narkolepsie“. Langfassung. AWMF-Register Nr. 030-056. 2012.

  • Fachinformation Ritalin 10 mg Tabletten. Infektopharm. 2022. https://www.fachinfo.de/pdf/002958

  • Grimmsmann T, Himmel W: The 10-year trend in drug prescriptions for attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) in Germany. Eur J Clin Pharmacol 2021; 77: 107–15.

  • Nervengewebe, Synapsen und Transmitter. AMBOSS. 2022. https://www.amboss.com/de/wissen/nervengewebe-synapsen-und-transmitter (zugegriffen 19. Januar 2023)

  • Psychostimulanzien (Intoxikation und Abhängigkeit). AMBOSS. 2022. https://www.amboss.com/de/wissen/Psychostimulanzien_(Intoxikation_und_Abh%C3%A4ngigkeit) (zugegriffen 19. Januar 2023)

  • Ritalin® wechselt den Vertreiber. SpringerLink. 2022. https://link.springer.com/article/10.1007/s15014-022-4030-4 (zugegriffen 19. Januar 2023)

  • Wenthur CJ: Classics in Chemical Neuroscience: Methylphenidate. ACS ChemNeurosci 2016; 7: 1030–40.

Zum Anfang