Diuretika (Einzahl: Diuretikum) sind Medikamente zur Vermehrung der Ausschwemmung von Urin (Diurese) durch Erhöhung der Harnmenge.
Diuretika sind Arzneimittel, die eine vermehrte Ausscheidung von Flüssigkeit aus dem Körper bewirken. Sie werden bei Ödemen, Herzschwäche, Bluthochdruck und Nierenschwäche verschrieben und gelten als Mittel erster Wahl bei kardiovaskulären Erkrankungen.
- Diuretika werden gegen Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und Ödeme eingesetzt.
- Sie beeinflussen den Wasserhaushalt, indem sie die Harnausscheidung erhöhen.
- Diuretika dienen lediglich der symptomatischen Behandlung.
Diuretika, die nur eine erhöhte Wasserausscheidung bewirken, nennt man Aquaretika. Es gibt auch Diuretika, die neben der vermehrten Wasser- zusätzlich eine vermehrte Salzausscheidung aus dem Körper bewirken. Diese nennt man auch Saluretika. Diuretika können nur Symptome lindern, nicht aber eine Grunderkrankung verbessern.
Was sind Diuretika?
Diuretika wirken indem sie die Harnproduktion der Nieren erhöhen und damit den Volumenhaushalt im Körper ausgleichen. Zum Volumen zählt man jede Form von Wasser im Körper: das Wasser im Blut, im Gewebe, oder auch in den Organen. Der Volumenhaushalt umfasst alle Schaltkreise, die das Volumen des Körperwassers außerhalb der Zelle regulieren. Einer der wichtigsten Regulatoren ist das Elektrolyt Natrium, welches eine “anziehende Wirkung” auf Wasser hat. Wird Natrium über die Nieren ausgeschieden, so wird auch Wasser ausgeschieden. Fachsprachlich handelt es sich dabei um eine Diurese in Folge der Salurese bezeichnet.
Ist der Wasserhaushalt gestört, können unansehnliche, teils schmerzhafte Ödeme (Wassereinlagerungen) auftreten. Im Fall von Lungenödemen sind sie sogar lebensgefährlich. Auch Bluthochdruck, Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz führen häufig zu einer Hyperhydration, also eine Überwässerung des Körpers.
Durch die vermehrte Flüssigkeitsabfuhr, welche die Diuretika bewirken, regulieren sie Überschüsse an extrazellulärer Flüssigkeit, wodurch Ödeme abschwellen können. Da zur extrazellulären Flüssigkeit auch das Blutvolumen zählt, muss das Herz nach Einnahme von Diuretika weniger Blut durch den Körper pumpen und ist somit ebenfalls entlastet.
Viele Krankheiten beeinflussen den Wasserhaushalt; schließlich besteht der menschliche Körper zu 60 bis 80 Prozent aus Wasser. Der Einfluss von Diuretika auf den Wasserhaushalt macht sie also zu einer geeigneten symptomatischen Behandlung für eine große Bandbreite an Krankheiten.
Wie wirken Diuretika?
Diuretika wirken in der Niere. Einer der Hauptbestandteil der Niere ist der sogenannte Tubulus. Durch den Tubulus fließt Blut und es werden Bestandteile aus dem Blut herausgefiltert. Die Niere passt die Abläufe an den aktuellen Zustand des Körpers an. Das macht sie einerseits über die osmotischen Drücke, die letztendlich überall im Körper regulieren, wo wann wie viel Wasser ist.
Andererseits können die Nieren feststellen, in welcher Konzentration bestimmte Stoffe derzeitig im Blut vorliegen. Ein Beispiel ist Natrium: Bei einem Überschuss wird Natrium über die Nieren ausgeschieden. Bei einem Mangel an Natrium wird dieses nicht ausgeschieden. Diese Feedbackmechanismen, oder einfach gesagt Schaltkreise, werden durch Diuretika an verschiedenen Stellen und auf verschiedene Arten manipuliert.
Wirkstoffgruppen der Diuretika
Diuretika werden in fünf Wirkstoffgruppen unterteilt. Therapeutisch betrachtet sind heutzutage die thiazidartigen Entwässerungsmittel, kaliumsparende Diuretika und Schleifendiuretika am bedeutsamsten. Die Diuretika-Untergruppen der Osmodiuretika und Carboanhydrase-Hemmer werden nur noch selten verordnet.
Thiazide erhöhen die Ausscheidung von Natriumchlorid und werden in der Regel morgens eingenommen. Ihre Wirkung entfaltet sich relativ am Anfang des Nierentubulus, wo bestimmte Rezeptoren und Transporter liegen, die für die Regulation von Natrium und Chlorid zuständig sind. Diese Transporter reagieren normalerweise auf den osmotischen Druck und regulieren ihn, wenn sie die Elektrolyte aussortieren oder einbehalten. Thiazide hemmen diesen Transporter, was dazu führt, dass unreguliert Natriumchlorid und folglich Wasser ausgeschieden wird. Sie haben eine schwächere Wirkung als Schleifendiuretika, dafür aber eine länger anhaltende Wirkdauer. Man sollte regelmäßig die Blutelektrolyte kontrollieren lassen, wenn man diese Medikamente nimmt, da es manchmal passieren kann, dass zu viel Kalium mit ausgeschieden wird.
Kaliumsparende Diuretika wirken etwas später am Tubulus, und am sogenannten Sammelrohr. Es gibt zwei verschiedene Wirkweisen. Die einen Wirken einem natürlich vorkommenden Hormon entgegen, welches normalerweise im Tubulus Natriumkanäle einbaut. Das führt dazu, dass Wasser und Natrium einbehalten und im Austausch Kalium ausgeschieden wird. Werden diese nicht eingebaut, bleibt das Wasser im Urin, und das Kalium im Blut. Der andere Wirkungsweg ist die Blockade der Natriumkanäle im Sammelrohr, was ebenfalls dazu führt, dass Wasser im Urin bleibt. Kaliumsparende Diuretika werden zum Beispiel eingesetzt, um Kaliumverluste durch Thiazide zu verringern. Aldosteron-Antagonisten werden bei Herzinsuffizienz eingesetzt und gelten als ein lebensverlängerndes Medikament.
Schleifendiuretika verändern den osmotischen Druck im Körper, indem sie ein Transportprotein in den Nierenkanälchen hemmen. Und zwar einen Transporter, der gleich für drei verschiedene Elektrolyte zuständig ist: Natrium, Kalium und Chlorid. Der Name “Schleife-” kommt daher, dass diese Transporter hauptsächlich in dem “Schleifen-” Teil des Nierentubulus liegen. Als sogenannte "high ceiling"-Diuretika führt die Steigerung der Dosis auch zu einem linearen Anstieg der diuretischen Wirkung. Weil die Wirkung schnell eintritt, werden sie bei akuten Lungenödemen eingesetzt. Schleifendiuretika bewirken ebenfalls eine erhöhte Kaliumausscheidung.
Osmodiuretika finden Einsatz bei Hirnödemen, aber sind für die Behandlung von Herz bedingten Ödemen ungeeignet. Sie verändern den osmotischen Druck innerhalb des Nierentubulus und sorgen so dafür, dass die Transporter diesen erhöhten Druck mit Natriumausscheidung ausgleichen. Osmodiuretika werden über die Venen verabreicht.
Carboanhydrase-Hemmer finden zum Beispiel Anwendung bei akutem Glaukom, was ein Überdruck im Auge ist und auch als grüner Star bekannt ist. Sie wirken ganz am Anfang im Tubulus und beeinflussen ein Enzym, die Carboanhydrase. Diese katalysiert normalerweise einen Austausch zwischen Natrium und Protonen und trägt damit zur renalen Säure-Base-Regulation bei.
Diuretika Nebenwirkungen
Diuretika werden in der Regel gut vertragen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Müdigkeit, Schwindel und Schwächegefühl. Zudem zählen Austrocknung des Körpers (Dehydration) und Salzmangel naturgemäß zu den möglichen Folgeerscheinungen.
Aufgrund möglicher Schwankungen der Elektrolytkonzentrationen sollten regelmäßig die entsprechenden Blutwerte kontrolliert werden. Insbesondere Natrium-Schwankungen können starke Nebenwirkungen verursachen. Eine erhöhte Natriumkonzentration, Hypernatriämie, äußert sich in der Regel in Krampfanfällen, Wadenkrämpfen oder einem verwirrten Gemütszustand. Eine Hypokaliämie nennt man den Mangel an Kalium. Dieser kann lebensbedrohlich sein, denn er kann zu Herzrhythmusstörungen führen. Weitere Nebenwirkungen sind möglich, jedoch seltener.
Wechselwirkungen von Diuretika
Während der Behandlung mit Diuretika sollten keine Schmerzmittel eingenommen werden, denn die parallele Einnahme kann eine Resistenz begünstigen. Im Falle einer Diuretika-Resistenz ist die Wirkung dann nicht mehr ausreichend gegeben, was zu Nierenfunktionsstörungen führen könnte. Zudem gibt es Wirkstoffe, die sich negativ auf den Kalium-senkenden Effekt mancher Diuretika auswirken. Dazu gehören ACE-Hemmer, Aldosteronantagonisten und Sartane. Außerdem kann Kochsalz die Wirkung von Diuretika aufheben. Manche Antibiotika können toxisch auf das Ohr wirken, wenn sie mit Schleifendiuretika zusammen eingenommen werden. Einige Diuretika können bestehende Krankheiten verstärken, wie zum Beispiel Gicht.
Vorsichtsmaßnahmen bei der Behandlung mit Diuretika
Durch Diuretika wird viel Flüssigkeit und somit auch Elektrolyte und Mineralien aus dem Körper ausgeschieden. Deswegen ist es wichtig, den Elektrolythaushalt und die Nierenfunktion während der Einnahme regelmäßig kontrollieren zu lassen. Werden Diuretika über einen langen Zeitraum eingenommen, kann es auch zu Magnesiummangel kommen. Magnesium kann den übrigen Mineralhaushalt beeinflussen und so auch die Mengen von Kalzium und Kalium im Körper verringern. Da der Kaliumhaushalt durch Diuretika beeinflusst wird, sollte immer auch der Kaliumwert beobachtet werden, denn ein niedriger Kaliumwert kann sich negativ auf das Herz auswirken.
Kontrolliert werden sollten die Elektrolyten-Werte 1 bis 2 Wochen nach jeder Steigerung der Dosis und in der Folge dann in 3- bis 6-monatigen Intervallen. Zu beachten ist zudem, dass es bei längerer Einnahme von Schleifendiuretika zu Resistenzen kommen kann.
Natürliche Diuretika
Neben den verschreibungspflichtigen Diuretika gibt es auch eine Reihe von natürlichen Substanzen, die eine den Diuretika ähnliche Wirkung haben können: Die sogenannten Xanthin-Derivate. Die Leitsubstanz dieser Gruppe ist Xanthin. Zu den Xanthin-Derivaten gehören Theobromin, Theophyllin und auch Coffein. Xanthine blockieren bestimmte Rezeptoren in der Niere, was zu erhöhter Durchblutung der Niere führt. Die höhere Durchblutung hat zur Folge, dass die Niere effizienter arbeitet und folglich mehr Urin erzeugt.
Lebensmittel, die Xanthin enthalten, sind
Teeblätter (grüner und schwarzer Tee),
Kaffee,
Kakaobohnen,
Mate,
Guaraná,
Kolanüsse und
in geringen Mengen auch Wein.
Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Pflanzen und Kräuter, die diuretische Eigenschaften aufweisen. Häufig werden diese in Nahrungsergänzungsmitteln und Tees zur Entwässerung verwendet.
Pflanzen und Kräuter mit diuretischer Wirkung:
Löwenzahn
Brennnessel
Birkenblätter
Acker-Schachtelhalm
Dornige Hauhechel
Gewöhnliche Goldrute
Orthosiphonblätter
Hausmittel zur Entwässerung
Eine leichte Entwässerung bewirken schon einfache Lebensmittel. So können Spargel, Sellerie, Ananas, Artischocken, Petersilie und Reis leicht diuretische Eigenschaften aufweisen. Sie werden einfach in die normale alltägliche Küche integriert.
Entwässerung geht auch in Form von Kuren. Ein bewährtes Hausmittel zur Entwässerung ist die tägliche Einnahme von einem Glas Wasser mit zwei Teelöffeln naturtrüben Apfelessig. Solche Kuren gibt es bereits seit dem Altertum. Die antike Honigtinktur Oxymel ist sogar im heutigen China und Russland noch verbreitet. Auch als Sauerhonig bezeichnet, galt es als Medikament und Stärkungsmittel. Oxymel ist eine Mischung aus Apfelessig, Honig, Wasser und Kräutern. In Russland trinkt man es nach dem Aufstehen, die Kräuter sollen vorbeugend und stärkend wirken und können variiert werden.
Diuretika-Doping im Hochleistungssport
Diuretika wurden im Hochleistungssport als Mittel zur Verschleierung von Doping missbraucht. Als Maskierungsmittel sind sie interessant, da sie das Gesamtvolumen an Urin erhöhen. Das verdünnt die Konzentration anderer eventuell im Urin vorhandener Bestandteile und macht es schwer diese nachzuweisen. Deshalb sind sie auf der Dopingliste vermerkt und ein Gebrauch während Wettkämpfen untersagt. Außerdem können Diuretika im Sport dazu missbraucht werden, um in kurzer Zeit viel Gewicht zu verlieren. Dies ist insbesondere für Sportler in Sportarten interessant, in denen die Zuordnung in Gewichtsklassen eine Rolle spielt wie z. B. im Boxen und weiteren Kampfsportarten.
Diuretika rezeptfrei?
Von rezeptfreien Diuretika sollte Abstand genommen werden. Bei den gängigen Diuretika handelt es sich um rezeptpflichtige Medikamente, die in Deutschland ärztlich verordnet werden müssen. Die jeweiligen Unterkategorien von Diuretika haben klare Kontraindikationen. Zum Beispiel Gicht oder eingeschränkte Nierenfunktion bei Thiaziden. Deswegen ist es wichtig, vor der Einnahme einen Arzt oder eine Ärztin zu konsultieren, um sich einen Überblick über den individuellen Gesundheitszustand, sowie die Eignung des jeweiligen Diuretikums zu verschaffen. Gleichzeitig ist es auch wichtig, sich nach der Verschreibung und Einnahme regelmäßig untersuchen zu lassen.
Quellen
Haverkamp W, Herth F, Messmann H, et al.: Internistische Intensivmedizin. Thieme Verlag 2009.
Herold G: Innere Medizin 2012. Köln: Herold, Gerd 2011.
Karow T, Lang-Roth R: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie 2012.
Kleuser B: Diuretika – Neues Wissen für die Praxis. Pharmazeutische Zeitung 2013; 48.
Lauber A: Diuretika – Medikamente zur Entwässerung. Gesundheit heute. 2014.