Im Jahr 2021 gaben die Deutschen 262 Millionen Euro für rezeptfreie Abführmittel in Apotheken aus.
Abführmittel fördern die Darmentleerung. Es gibt natürliche und chemische Wirkstoffe, die überwiegend den Salz- und Wassergehalt des Darminhaltes beeinflussen und so den Stuhlgang erleichtern.
- Abführmittel finden Anwendung bei Verstopfungen, zur Erweichung des Stuhls und im Rahmen medizinischer Eingriffe.
- Natürliche Abführmittel sowie chemische Abführmittel sind überwiegend rezeptfrei.
- Konventionelle Maßnahmen sollten ausgeschöpft und Abführmittel nicht langfristig eingesetzt werden.
Was sind Abführmittel und wann werden sie eingesetzt?
Abführmittel, auch Laxativa oder Laxantien genannt, sind Mittel, die die Darmentleerung fördern. Zu den Anwendungsgebieten von Abführmitteln zählen:
Behandlung einer Verstopfung (Obstipation)
Erweichung des Stuhls für eine einfachere Darmentleerung (z. B. bei Hämorrhoiden)
Entleerung des Darms vor medizinischen Eingriffen (z. B. Darmspiegelung)
Akute und chronische Obstipationen unterscheiden sich durch die zeitliche Dauer. Akute Obstipationen sind meist situativ, z. B. im Rahmen einer Ernährungsumstellung oder auf Reisen. Dementsprechend sind Laxantien meist nicht notwendig, da die Verstopfung durch Umstellen der Situation behoben werden kann.
Eine chronische Obstipation hingegen liegt vor, wenn über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten eine unzufriedenstellende Stuhlentleerung vorliegt und zwei der folgenden Kriterien erfüllt sind:
Starkes Pressen
Klumpiger oder harter Stuhl
Gefühl der unvollständigen Entleerung
Gefühl einer Blockierung
Manuelle Manöver zur Erleichterung der Darmentleerung bei mindestens 25 Prozent der Stuhlgänge
Weniger als 3 Stuhlgänge pro Woche
Dabei spielt das Empfinden der Betroffenen eine wichtige Rolle bei der Diagnose einer Obstipation, da die Verdauung individuell sehr verschieden und die Lebensqualität beeinträchtigt sein kann.
Welche Abführmittel gibt es?
Es gibt sowohl natürliche bzw. pflanzliche als auch chemische Mittel gegen Obstipation. Diese lassen sich anhand ihrer Wirkweise in verschiedene Gruppen einteilen.
Natürliche Abführmittel
In die Kategorie der natürlichen Abführmittel fallen Ballaststoffe. Ballaststoffe sind vorwiegend pflanzliche Faser- und Quellstoffe, die weitestgehend unverdaulich sind für das menschliche Verdauungssystem. Sie nehmen im Darm Wasser auf, wodurch sich ihr Volumen vergrößert. Dies führt wiederum zu einer Dehnung der Darmwand. Diese Dehnung der Darmwand ist der Reiz, der die propulsive Peristaltik (Muskelaktivität, die den Darminhalt vorwärts transportiert) und schließlich die Stuhlentleerung fördert.
Beispiele für Ballaststoffe sind Flohsamenschalen, Leinsamen und Weizenkleie. Wichtig ist, gleichzeitig eine ausreichende Flüssigkeitsmenge zu sich zu nehmen, damit der Darminhalt nicht verklebt. Der Urin kann eine dunklere Farbe bekommen und es kann zu Gasbildung und Bauchschmerzen kommen. Eine Wirkung tritt in der Regel etwa zehn bis zwanzig Stunden nach Einnahme ein.
Pflanzen, die Anthrachinone enthalten, wirken abführend. Dazu zählen zum Beispiel die Sennespflanze, Cascararinde (Faulbaumrinde), Aloe und Rhabarber. Bakterien im Darm setzen die aktive Wirkkomponente, die sogenannten Anthrone, frei. Anthrone fördern die Darmperistaltik und vermindern die Wasser- und Salzaufnahme (antiresorptive Wirkung) bei gesteigerter Wasser- und Salzsekretion (sekretagoge Wirkung), sodass der Flüssigkeitsgehalt des Stuhls ansteigt. Dies verhindert die Eindickung des Stuhls und erleichtert die Darmpassage. Die Wirkstoffe liegen in verschiedenen Darreichungsformen vor, z. B. als Tee, Dragees, Granulat oder Tabletten. Nach oraler Einnahme tritt die Wirkung nach etwa sechs bis zwölf Stunden auf.
Glaubersalz
Wie der Name bereits andeutet, handelt es sich bei Glaubersalz um ein Salz, das einen laxierenden Effekt hat. Glaubersalz kann nicht resorbiert werden, weshalb osmotisch Flüssigkeit im Darm gehalten wird. Osmotisch bedeutet in diesem Fall, dass der Salzgehalt im Darm das Wasser an sich zieht. Auch Bittersalz funktioniert über diesen Mechanismus. Beide können nach wenigen Stunden zu einer wässrigen Stuhlentleerung führen. Aufgrund eines hohen Nebenwirkungspotetials sind diese Salze nicht mehr zur Therapie von Verstopfungen empfohlen.
Chemische Abführmittel
Bisacodyl und Natriumpicosulfat werden im Dickdarm zur gleichen Wirkform umgewandelt. Sie besitzen eine antiresorptive und sekretagoge Wirkung, die den Stuhl aufweicht und zudem die propulsive Peristaltik steigert und die Darmentleerung somit fördert. Die Wirkstoffe sind gut verträglich und die laxierende Wirkung setzt etwa acht bis zwölf Stunden nach oraler Einnahme ein.
Die Zuckeralkohole Sorbitol und Mannitol und die Zucker Lactulose und Lactitol sind nicht resorbierbar. Sie wirken als osmotische Laxantien, indem sie wie das Glaubersalz die Flüssigkeit im Darm halten und so einer Eindickung des Stuhls entgegenwirken und die Darmpassage erleichtern. Auch Macrogol wirkt mit seiner hohen Wasserbindungskapazität auf gleichem Wege. Bei der Einnahme von Lactulose und Lactitol kann es zu Bauchschmerzen und Gasbildung kommen.
Der Wirkstoff Prucaloprid fördert ebenfalls die Darmmotilität und -entleerung. Dies geschieht über die stimulierende Wirkung eines Serotonin-Rezeptors (5HT4-Rezeptor) im Darm. Physiologischerweise bindet der Botenstoff Serotonin an diesen Rezeptor und fördert die Darmperistaltik. Prucaloprid gilt als Mittel zweiter Wahl, wenn konventionelle medikamentöse Maßnahmen nicht ausreichend effektiv oder schlecht verträglich sind.
Abführmittel rezeptfrei?
Anthrachinon-haltige Präparate und ballaststoffreiche Lebensmittel wie Leinsamen und Weizenkleie sind ohne Rezept erhältlich. Auch Glaubersalz, das aufgrund seiner potentiellen Nebenwirkungen aber nicht empfohlen ist, ist frei verkäuflich verfügbar.
Bis auf Prucaloprid, welches verschreibungspflichtig ist, sind die oben genannten chemischen Laxantien in der Apotheke ebenfalls rezeptfrei verfügbar. Dabei gibt es verschiedene Darreichungsformen von Abführmitteln:
Dragees
Tabletten
Pulver
Zäpfchen
Klysmen (Einläufe)
Alternativen zu Abführmitteln
Allgemeine Maßnahmen zur Behandlung einer Obstipation beinhalten eine ballaststoffreiche Ernährung, eine ausreichende tägliche Trinkmenge von 1,5 bis 2 Litern (vorzugsweise Wasser) und körperliche Aktivität. Des Weiteren sollte eine regelmäßige Unterdrückung des Stuhldrangs vermieden werden.
Abführende Präparate sollten ohne ärztliche Rücksprache nicht länger als ein bis zwei Wochen angewandt werden. Zum einen sollten mögliche zugrunde liegende Ursachen für die erschwerte Darmpassage abgeklärt werden und zum anderen kann durch eine Gewöhnung an Laxantien die Darmträgheit gefördert werden. Auch kann je nach Wirkstoff und besonders bei unsachgemäßer Anwendung eine Verschiebung des Mineral- und Wasserhaushaltes resultieren.
Häufige Fragen zu Abführmitteln
Zur Förderung des Stuhlgangs sollten zunächst Allgemeinmaßnahmen wie die Umstellung auf eine ballaststoffreiche Ernährung, körperliche Aktivität und eine ausreichende tägliche Trinkmenge ausgeschöpft werden. Quell- und Ballaststoffe wie Weizenkleie, Flohsamenschale und Leinsamen helfen ebenfalls, können aber zu Gasbildung und Bauchschmerzen führen.
Macrogole, Bisacodyl und Natriumpicosulfat sind Arzneimittel erster Wahl, der Einnahmezeitraum unterliegt keiner Begrenzung und sie können auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Zuckerstoffe und Anthrachinone sind Mittel zweiter Wahl. Sollten alle diese Wirkstoffe nicht helfen, kann Prucaloprid in Erwägung gezogen werden.
Natürliche Abführmittel sind zum Beispiel Ballast- und Quellstoffe. Dazu zählen Leinsamen, Flohsamenschalen und Weizenkleie. Auch Anthrachinone, die in der Sennespflanze, Cascararinde (Faulbaumrinde), Aloe und Rhabarber enthalten sind, wirken abführend.
Lebensmittel, die einen hohen Gehalt an Ballaststoffen haben, regen die Verdauung an. Dazu zählen neben Leinsamen, Flohsamenschalen und Weizenkleie zum Beispiel auch gedörrte Pflaumen, Pflaumensaft und anderes Trockenobst. Auch Sauerkraut bzw. Sauerkrautsaft enthält neben Ballaststoffen verdauungsfördernde Bakterien, die im Rahmen des Fermentierungsprozesses entstehen. Ein übermäßiger Verzehr kann zu Durchfall führen.
Je nach Wirkstoff und Darreichungsform setzt die abführende Wirkung unterschiedlich schnell ein. Bei oraler Einnahme erfolgt die Wirkung meist nach Stunden, bei rektaler Anwendung, also über den Enddarm, meist in Form von Zäpfchen und Klysmen (Einläufen), kann die Wirkung bereits nach 10 bis 30 Minuten einsetzen.
Quellen
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