Frauen sind etwa doppelt so häufig von Angststörungen betroffen wie Männer.
In abgeschwächter Form leidet jeder in seinem Leben mal an einer Angstsituation oder ausgeprägten Angstgefühlen. Daher ist es nicht einfach, allgemeine Angstzustände gegen pathologische Erkrankungen abzugrenzen. Eine Angststörung äußert sich in körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schwitzen, Schwindel oder sogar Todesangst.
- Zu den Angststörungen zählen die generalisierte Angststörung, die Panikstörung und phobische Störungen.
- Diese Gruppe psychologischer Erkrankungen hat das gemeinsame Leitsymptom Angst.
- Die Behandlung von Angststörungen erfolgt oft mit einer Kombination aus medikamentöser Therapie und Verhaltenstherapie.
Was sind Angststörungen?
Zur Gruppe der Angststörungen gehören verschiedene psychologische Erkrankungen; bei allen gilt Angst als das Leitsymptom. Es handelt sich um sehr individuelle Krankheitsbilder, da sie unter anderem von genetischen, situativen, kognitiven und sozialen Faktoren abhängig sind.
Einteilung der Angststörungen
Es gibt unterschiedliche Formen der Angststörung, die anhand von Dauer und Situation unterteilt werden. Die generalisierte Angststörung äußert sich dauerhaft und hat keinen spezifischen Auslöser. Auch die Panikstörung hat in der Regel keinen spezifischen Auslöser, tritt dafür aber nur akut auf. Die Phobie tritt akut auf, und hängt mit einem speziellen bekannten Auslöser auf.
ICD-10 Einteilung der Angststörungen
- Phobien (F40)
- Agoraphobie (F40.0)
- Soziale Phobie (F40.1)
- Spezifische (isolierte) Phobie (F40.2)
- Andere Angststörungen (F41)
- Panikstörungen (episodisch paroxysmale Angst) (F41.0)
- Generalisierte Angststörung (F41.1)
- Angst und depressive Stimmung, gemischt (F41.2)
Die generalisierte Angststörung äußert sich in einem chronischen Zustand der Angst oder Unwohlsein. Bei der Panikstörung sind die Ängste durch plötzlich auftretende Panikattacken gekennzeichnet, die immer wieder auftreten können. Bei den phobischen Störungen können Betroffene die Ängste in direktem Zusammenhang mit bestimmten Situationen oder Objekten bringen.
Generalisierte Angststörung
Bei der generalisierten Angststörung treten die Angstsymptome chronisch und situationsunabhängig auf. Dies kann mit unterschiedlichen zeitlichen Abständen über Wochen bis hin zu Jahren anhalten, müssen aber zur Diagnose mindestens ein halbes Jahr lang aufgetreten sein. Die generalisierte Angststörung tritt häufig in Kombination mit depressiven Episoden auf, auch die Symptome sind denen einer Depression sehr ähnlich.
Panikstörung
Bei der Panikstörung treten die Angstsymptome plötzlich, anfallsartig und situationsunabhängig auf. Die Diagnose wird in Fachkreisen als episodische paroxysmale Angst bezeichnet.
Panikattacken beschreiben zusammenfassend die Symptomatik der Panikstörung. Diese Attacken können 5 bis 10 Minuten, manchmal länger, andauern. Betroffene können bei jeder dieser Episoden unterschiedliche Symptome erleben. Oft entwickeln PatientInnen Todesängste oder Erstickungsgefühle, was zu Hyperventilation und anderen vegetativen Symptomen führen kann. Betroffene empfinden in diesen Momenten die Umwelt als fremd und unwirklich, und können in ausgeprägteren Situationen sich “losgelöst” von ihrem eigenen Körper fühlen.
Die Folge von diesen plötzlich auftretenden Todesängsten, ohne Vorwarnung, führen bei den Betroffenen oft zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten mit sozialer Abschottung und Einschränkung der Lebensqualität. Umso wichtiger, dass diese Art von Erkrankung erkannt und entsprechend behandelt wird.
Phobische Störungen (Phobien)
Bei den phobischen Störungen treten die Angstsymptome ausschließlich in spezifischen Situationen auf. Die Symptome reichen von leichtem Unwohlsein bis hin zu Panikattacken, wie bei der panischen Störung. Der Unterschied liegt darin, dass bei den phobischen Störungen ein konkreter Auslöser bekannt ist.
Panikattacken bei phobischen Störungen können 5 bis 10 Minuten anhalten, manchmal aber auch länger andauern. Das Ausmaß der panischen Angst kann unterschiedlich sein und die Symptome von Attacke zu Attacke variieren.
Eine häufige Form der Phobien ist die Agoraphobie. Dabei handelt es sich um eine Phobie vor der Öffentlichkeit, bei der Betroffene Plätze, öffentliche Verkehrsmittel, Reisen und Menschenansammlungen meiden. Eine Agoraphobie besteht häufig in Kombination mit Depressionen, Zwangsstörungen oder auch generellen Panikstörungen.
Bei sozialen Phobien haben Betroffene Angst vor sozialen Situationen und meiden jegliche Form von Aufmerksamkeit. Dies sollte man nicht mit der Angst vor Menschenmengen verwechseln, da es bei sozialen Phobien speziell um zwischenmenschliche Beziehungen und Interaktion geht.
Bei den spezifischen Phobien haben Betroffene Angst vor einer bestimmten Situation oder einem Objekt. Dies kann die Höhenangst (Akrophobie) sein, die Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie), oder auch die Angst vor Spinnen (Arachnophobie). Diese Personen entwickeln meist gute Vermeidungsmechanismen, die mit dem Alltag vereinbar sind und nicht die Lebensqualität signifikant beeinträchtigen.
- Platzangst (Agoraphobie)
- Höhenangst (Akrophobie)
- Geschlossene Räume (Klaustrophobie)
- Spinnen (Arachnophobie)
- Blut (Hämatophobie)
- Spitze Gegenstände (Aichmophobie)
- Flugangst (Aviophobie)
- Zahnarztbesuche (Dentophobie)
- Urinieren auf öffentlichen Toiletten (Urinophobie, Paruresis)
- Gewitter (Astraphobie)
- Dunkelheit (Achluophobie)
- Hunde (Cynophobie, Kynophobie)
Betroffenen ist in den meisten Fällen bewusst, dass die Angst in dem Zusammenhang irrational ist und die Situation objektiv als ungefährlich definiert ist. Man vermutet, dass phobische Störungen nicht aufgrund von Traumata entstehen, sondern eher genetisch oder durch ein ausgeprägtes Angstzentrum des Gehirns geprägt sind.
Symptome von Angststörungen
Bei allen Formen der Angststörung spielt das Leitsymptom der Angst die größte Rolle. Diese Angst ist verhältnismäßig gesteigert und tritt in objektiv definiert ungefährlichen Situationen auf. Sie hält vergleichsweise lang an und betroffene Personen können sich in diesem Moment weder selbstständig noch mithilfe anderer aus dieser Angst lösen. Meistens sind Betroffene sich bewusst, dass die Angst übertrieben ist, können diese jedoch nicht überwinden. Angststörungen können zur Beeinträchtigung der Lebensqualität führen, vor allem Aufgrund von sozialem Rückzug.
Viele Symptome treten bei allen Formen der Angststörungen auf. Diese werden in 4 Bereiche aufgeteilt:
Vegetativ (das vegetative Nervensystem betreffend, unwillkürlich und unterbewusst)
Thorakal/Abdominell (den Brustraum und den Bauchraum betreffend)
Psychisch
Weitere Symptome
Zusätzlich gibt es spezielle Symptome, die bei bestimmten Formen der Angststörung auftreten können.
Bei sozialer Phobie kommt oft zu Erröten und Zittern, die Betroffenen haben erhöhten Harn- und Stuhldrang sowie eine gesteigerte Angst vor Erbrechen.
Bei generalisierten Angststörungen kann es zusätzlich zu den bereits genannten Symptomen zu Zeichen von Anspannung kommen. Dazu zählen Muskelverspannungen, Ruhelosigkeit, Nervosität oder das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben. Weitere unspezifische Symptome bei generalisierten Angststörungen sind Reizbarkeit und erhöhte Schreckhaftigkeit sowie Konzentrations- und Schlafstörungen.
Angststörung Ursachen
Mehrere Faktoren fließen in die Entstehung und Symptomatik der unterschiedlichen Angststörungen mit ein:
Psychosoziale Faktoren (u. a. das Umfeld, in dem man aufwächst)
Kognitive Faktoren (z. B. das Erlernen von bestimmten Ängsten durch Traumata)
Genetische Komponenten
Neurobiologie (verminderte oder gesteigerten Funktionalität gewisser Hirnareale)
Diagnose von Angststörungen
Wichtigstes Werkzeug für eine Diagnose von Angststörungen ist ein ausführliches psychiatrisches Gespräch. Die PatientInnen werden zu bestehenden Angstgefühlen, ihren Gedanken und möglichem Vermeidungsverhalten befragt. Weiterhin werden Suchtproblematiken angesprochen und der Medikamentenstatus erhoben.
Da die Angst oft ausgeprägte körperliche Symptome mit sich bringt, müssen andere Ursachen für die bestehenden Symptome ausgeschlossen werden. Beispielsweise wird bei Herzrasen ein Elektrokardiogramm (EKG) gemacht, um andere organische Krankheiten auszuschließen. Auch kann eine Blutuntersuchung bei Symptomen wie Zittern und Unruhe sinnvoll sein, da sich u. a. eine Schilddrüsenüberfunktion mit ähnlichen Symptomen äußert.
Es stehen einige psychologische Tests für Angststörungen zur Verfügung:
Beck-Angst-Inventar (BAI)
Hamilton-Angst-Skala (HAMA)
Panik- und Agoraphobie-Skala (PAS)
Panic Disorder Severity Scale (PDSS)
Liebowitz-Soziale-Angst-Skala (LSAS)
Fear Questionaire (FQ)
Für die endgültigen Diagnosen der verschiedenen Formen von Angststörungen gibt es feste Kriterien, welche Symptome und in welchem Ausmaß vorhanden sein müssen.
Angststörung Behandlung
Die unterschiedlichen Formen der Angststörungen werden ähnlich behandelt.
Am wichtigsten ist die Gesprächstherapie, in der festgestellt wird, wie beeinträchtigend die Angststörung für den Patienten bzw. die Patientin ist. In vielen Fällen, vor allem bei spezifischen Phobien, kann man mit gewissen Gewohnheiten und Vermeidungsstrategien arbeiten.
Reicht dies nicht, ist eine Verhaltenstherapie mit Reizexposition, bzw. eine Konfrontationstherapie bei Phobien oft hilfreich. Hierbei werden Betroffene mit den für sie spezifischen Reizen unter kontrollierten Umständen konfrontiert. Auch wenn man annimmt, dass phobische Störungen nicht durch traumatische Erfahrungen entstehen, kann man mit der Konfrontationstherapie gute Ergebnisse erzielen.
Bei den generalisierten Angststörungen ist eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) oft zielführend. Weiterhin hilfreich sind unterstützende Maßnahmen wie Selbsthilfegruppen, Sport und Entspannungsverfahren. Es ist wichtig, diesen PatientInnen konfliktorientierte Lösungswege anzutrainieren, welche sie bei akuten Panikattacken anwenden können. Es sollte unbedingt vermieden werden, dass sich Betroffene aufgrund ihrer Angst vor einer erneuten Attacke sozial zurückziehen oder gar ihren Alltag vernachlässigen.
Medikamente gegen Angststörungen
Häufig sind generalisierte Angststörungen ohne Medikamente behandelbar. Bleiben dabei Therapieerfolge aus, so kann eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden. Dabei gibt es verschiedene Wirkstoffe, die entweder in Akutsituationen oder langfristig eingesetzt werden.
Benzodiazepine können in Akutsituationen eingesetzt werden, führen aber schnell zur Abhängigkeit. Langfristig werden Antidepressiva verschrieben, vor allem solche, die den Serotoninspiegel erhöhen. Es gibt auch anxiolytische (angstlösende) Medikamente wie Buspiron. Deren Wirkmechanismus setzt ebenfalls an einem Serotonin-Rezeptor an. Anxiolytika erzeugen keine Abhängigkeit, allerdings wirken sie erst nach mehreren Wochen. Aufgrund von den Nebenwirkungen sollte auch dieser Wirkstoff nicht länger als 4 Monate am Stück eingenommen werden.
Quellen
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